Millionäre und Milliardäre Die reichste US-Regierung, die es je gab
01.12.2016, 14:54 Uhr
Bis zu seinem Umzug ins Weiße Haus residiert der "president elect", der künftige US-Präsident, im Trump-Turm.
(Foto: AP)
Im Wahlkampf wetterte der künftige US-Präsident Donald Trump gegen die Wall Street und versprach eine Politik, die den Arbeitern hilft. Sein Kabinett wird allerdings so reich sein wie keines zuvor in den USA.
Als sich der Brite Nigel Farage, der frühere Chef der Anti-EU-Partei Ukip, ein paar Tage nach der Präsidentschaftswahl in den USA mit Wahlsieger Donald Trump fotografieren ließ, lästerten einige, so sähen also die selbsternannten neuen Vertreter der Arbeiterklasse aus. Farage und Trump, die sich in ihren Wahlkämpfen beide als Vertreter der einfachen Leute inszeniert hatten, stehen auf dem Bild vor einer goldenen Tür und Wänden aus Marmor im protzigen Trump Tower in New York.
Dieser Gegensatz von Anspruch und Wirklichkeit wird sich wohl auch in Trumps Kabinett widerspiegeln. Noch sind nicht alle Positionen besetzt, aber schon zeichnet sich ab, dass der künftige Präsident der Vereinigten Staaten dabei ist, die reichste US-Regierung in der amerikanischen Geschichte zusammenzustellen.
Viele der zukünftigen Minister seien wie Trump schon reich zur Welt gekommen, hätten Eliteschulen besucht und in späteren Jahren ihr Vermögen weiter vermehrt, schreibt die "Washington Post". Sie hätten mehr Erfahrung damit, die Wahlkämpfe von Politikern zu finanzieren, als Behörden zu leiten. Die hervorstechendsten Beispiele sind der Milliardär Wilbur Ross, den Trump zum Handelsminister machen will, sowie der künftige Finanzminister Steve Mnuchin, ein ehemaliger Investmentbanker von Goldman Sachs.
Auch wenn Mnuchin keineswegs der erste Goldman-Sachs-Banker ist, der ins US-Finanzministerium wechselt, kritisierten die Demokraten diese Versammlung von Reichen. "Steve Mnuchin ist nur ein weiterer Wall-Street-Insider", erklärten der frühere Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders und die linke Senatorin Elizabeth Warren in einer gemeinsamen Mitteilung. "Das ist nicht der Wandel, den Donald Trump für Washington versprochen hat – das ist die schlimmste Heuchelei."
"Unsere Arbeiterklasse wurde ausgeraubt"
Tatsächlich entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass Trump Wall-Street-Insider in sein Kabinett holt, nachdem er Hillary Clinton im Wahlkampf scharf für eine zu große Nähe zur Wall Street attackiert hatte. Die "New York Times" erinnert etwa an einen Wahlwerbespot, in dem Trump über eine "globale Machtstruktur" spricht, die für wirtschaftliche Entscheidungen verantwortlich sei, "die unsere Arbeiterklasse ausgeraubt haben". Damals war die Wall Street für Trump noch Teil einer "korrupten Maschine".
Die meisten seiner Anhänger dürften mit diesem Widerspruch kein Problem haben. "Trump würde das Land wie ein Unternehmen führen", nannten im Wahlkampf viele Amerikaner als Grund, warum sie den Milliardär unterstützen. Diese Haltung nimmt auch Mnuchin ein. "Ich denke, es ist einer der Vorteile von Wilbur und mir, dass wir Banker waren", sagte er dem Sender CNBC. Acht Jahre nach der Lehman-Pleite ist das keine ganz selbstverständliche Position.
Ein weiterer Grund, warum Trumps Anhänger nicht gegen die Wall-Street-Banker im Kabinett protestieren, dürfte sein, dass man aus ihrer Sicht nicht reich sein muss, um zur verhassten "Elite" zu gehören, wie der Politologe Lars Brozus n-tv.de sagte. Umgekehrt gilt das genauso: Trump kann – wie beim Treffen mit dem Republikaner Mitt Romney – Knoblauchsüppchen schlürfen und Froschschenkel verzehren und bleibt trotzdem ein Anti-Establishment-Politiker. Nur zur Erinnerung: Im Wahlkampf 2007 stellten die Republikaner Barack Obama als elitär dar, weil er sich öffentlich darüber beklagt hatte, dass Bio-Rucola so teuer geworden sei.
Politik für Millionäre?
Die offene Frage ist, ob diese Wahrnehmung Bestand hat, wenn die Regierung der Reichen einmal ihre Arbeit aufgenommen hat. Der Politologe Nicholas Carnes sagte der "Washington Post", die persönliche Erfahrung von Politikern habe durchaus Einfluss auf deren Politik. "Die Forschung sagt: Wenn man die Regierung ein paar Millionären übergibt, dann kann man mit einer Politik rechnen, die Millionären auf Kosten von allen anderen hilft."
Mnuchin beeilte sich bereits, diesem Eindruck entgegenzuwirken. Jede Steuersenkung für Reiche solle durch eine Abschaffung von Steuerschlupflöchern ausgeglichen werden, "so dass es keine absolute Steuersenkung für die Oberschicht geben wird", sagte er CNBC. Allerdings will er die Steuern für Unternehmen senken, um Arbeitsplätze zu schaffen. Dafür plant er "die größte Steuerreform seit Reagan".
Auch Ronald Reagan, der von 1981 bis 1989 US-Präsident war, senkte die Steuern für die Reichen, um Jobs zu schaffen. Das Konzept nannte sich "Trickle-down-Theorie", weil der Wohlstand von oben nach unten durchsickern sollte. Ob das Konzept erfolgreich war, ist bis heute umstritten. Sicher ist allerdings, dass die Staatsverschuldung unter Reagan dramatisch stieg. Damit wollte Trump eigentlich Schluss machen.
Quelle: ntv.de