Politik

"Geistiger Erbe" Kaczynskis Duda wird polnischer Präsident

Mit seiner Frau, der Deutschlehrerin Agata (r), und seiner Tochter Kinga (l) feiert Duda den Sieg.

Mit seiner Frau, der Deutschlehrerin Agata (r), und seiner Tochter Kinga (l) feiert Duda den Sieg.

(Foto: AP)

In Polen kommt es zu einem Rechtsruck. Der Nationalkonservative Andrzej Duda zieht in den Präsidentenpalast ein. Er punktet mit sozialen Versprechungen, Ablehnung eines Beitritts zur Eurozone - und harten Tönen in der Verteidigungspolitik.

Polens nationalkonservative Opposition triumphiert: Ihr Kandidat Andrzej Duda hat die Präsidenten-Stichwahl am Sonntag für sich entschieden. Nach Prognosen erhielt er 52 Prozent der Wählerstimmen, während Amtsinhaber Bronislaw Komorowkski mit 48 Prozent der Wählerstimmen unterlag.

Komorowski von der regierenden liberal-konservativen Bürgerplattform räumte nach Bekanntgabe der ersten Prognosen seine Niederlage ein. Außenminister Grzegorz Schetyna sprach von einem ernsten Warnsignal für die Regierung. Duda hatte bereits bei der ersten Wahlrunde vor zwei Wochen überraschend vorn gelegen, aber nicht die nötige absolute Mehrheit erreicht.

Komorowski gesteht seine Niederlage ein.

Komorowski gesteht seine Niederlage ein.

(Foto: AP)

Duda versprach am Wahlabend, er wolle der Präsident aller Polen sein: "Die Türen des Präsidentenpalasts werden offen sein." Noch bis vor kurzem war der 43 Jahre alte promovierte Jurist den meisten Polen weitgehend unbekannt. "Wir wissen eigentlich nicht, wer Andrzej Duda wirklich ist", sagte der Soziologe Aleksander Smolar am Wahlabend der polnischen Nachrichtenagentur PAP.

Wer ist Duda?

So viel steht fest: Duda steht der katholischen Kirche nahe. Die Finanzmärkte halten ihn für weniger unternehmerfreundlich als die regierende Bürgerplattform. Duda ist seit vergangenem Jahr Mitglied des Europaparlaments. Der Präsidentenpalast in Warschau ist ihm nicht unbekannt: Er war Staatssekretär im Kabinett von Komorowskis nationalkonservativem Amtsvorgänger Lech Kaczynski, der 2010 bei einem Flugzeugunglück in Smolensk ums Leben kam. Duda sieht sich als "geistiger Erbe" Kaczynskis.

Im Wahlkampf um das Präsidentenamt stellte Duda vor allem soziale Verbesserungen in Aussicht, auch wenn die Sozialpolitik nicht zum Kompetenzbereich des polnischen Präsidenten gehört. Dennoch versprach er steuerliche Erleichterungen insbesondere für kinderreiche Familien, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Absenkung des Renteneintrittsalters. Angesichts solcher Aussichten stellte sich auch die Gewerkschaft Solidarnosc hinter Duda.

"Seine Versprechen gehen weit über die Kompetenzen des Präsidenten hinaus, und seine wirtschaftlichen Vorschläge würden sogar das deutsche Budget ruinieren", sagt der Politologe Radoslaw Markowski von der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Neben repräsentativen Aufgaben hat der Präsident in Polen offiziell nur in der Außen- und Verteidigungspolitik ein Mitspracherecht und kann ein Veto gegen Gesetzesvorhaben einlegen.

Außenpolitisch sprach sich Duda angesichts der Ukraine-Krise für eine Stärkung der Verbindungen zur Nato aus. Überdies betonte er jüngst: "Die beste Lösung für Polen wäre die Stationierung von US-Truppen auf seinem Boden, das ist das einzige Mittel, um die Sicherheit zu garantieren." Duda ist zudem ein Gegner eines Beitritts seines Landes zur Eurozone, "solange der Lebensstandard der Polen nicht das Niveau von Deutschen oder Niederländern erreicht hat". Mit scharfer Kritik an künstlicher Befruchtung und der EU-Konvention zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt sicherte sich der gläubige Katholik die Unterstützung konservativer Glaubensgenossen.

Signal für Parlamentswahl

Der Wahlausgang spiegelt den Wunsch vieler Polen nach einem Wechsel und einem neuen Gesicht an der Spitze des Landes wieder. Viele beklagen eine wachsende soziale Ungerechtigkeit und die ungleiche Verteilung des erreichten Wohlstands. Polen ist die größte Volkswirtschaft im Osten Europas.

Der Wahlausgang dürfte vor allem die Verbündeten von Komorowski in der Regierung von Ministerpräsidentin Ewa Kopacz alarmieren. Die Bürgerplattform bemüht sich bei den noch in diesem Jahr anstehenden Parlamentswahlen um eine dritte Amtszeit.

Ähnlich wie schon im ersten Wahlgang dominierte Duda in den südlichen und östlichen Regionen Polens und auf den Dörfern, während die Wähler im Westen und Norden des Landes sowie in den Städten mehrheitlich Komorowski die Stimme gaben.

Vor der Wahl erinnerten fünf ehemalige Außenminister an die Zeit, als mit dem verunglückten Kaczynski ein Nationalkonservativer Polens oberster Repräsentant war. Polens Außenpolitik sei damals von Komplexen und Konflikten mit wichtigen Partnern in der EU und von Dauerspannungen mit dem wichtigen Nachbarn Deutschland geprägt gewesen. In Zeiten des Ukraine-Konflikts dürfe es keine Neuauflage einer solchen Politik geben.

Quelle: ntv.de, ghö/dpa/rts/AFP

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