Auftrag ging an Russland EU rügt Ungarn wegen AKW-Ausbau
19.11.2015, 16:58 Uhr
Greenpeace protestierte im Januar 2014 gegen den Ausbau des ungarischen Akw-Standortes.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die EU-Kommission klopft dem ungarischen Machthaber Orban wieder einmal auf die Finger. Diesmal erregt der Ausbau des einzigen ungarischen Kernkraftwerks Ärgernis. Ohne transparentes Verfahren vergab Orban den Auftrag an Russland.
Wegen der Vergabe eines Bauauftrags für zwei Atomreaktoren an Russland wird Ungarn von der EU gerügt. Brüssel teilte mit, die EU-Kommission habe ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Budapest eingeleitet. Nach Ansicht der Kommission hat Ungarn dem russischen Atomkonzern Rosatom den Auftrag für den Bau zweier neuer Blöcke "ohne transparentes Verfahren" erteilt.
Es geht um zwei neue Meiler mit je 1,2 Gigawatt Leistung sowie die Modernisierung zweier bestehender Meiler am einzigen ungarischen Akw-Standort in Paks. Den Bau der zwei neuen AKW-Blöcke hatte der rechtsnationale ungarische Ministerpräsident Viktor Orban im Vorjahr mit Russlands Präsident Wladimir Putin vereinbart. Rosatom soll die Blöcke und die Brennstäbe liefern. Moskau stellt außerdem einen Kredit in Höhe von zehn Milliarden Euro bereit. Kritiker sehen darin ein Geschäft, das Ungarn in massive Abhängigkeit von Russland bringt.
Klärung notfalls vor Gericht
Die EU-Gesetze, auf die sich die EU-Kommission beruft, sollen sicherstellen, "dass alle Marktteilnehmer unter fairen Bedingungen an einer Ausschreibung teilnehmen und den Zuschlag erhalten können", wie die Behörde erinnerte. Ungarn hat nun zwei Monate Zeit, um auf den blauen Brief aus Brüssel zu reagieren.
In einer ersten Antwort erklärte der ungarische Kanzleramtsminister Janos Lazar, dass Ungarn die Angelegenheit notfalls auch vor dem Europäischen Gerichtshof austragen werde. Es handele sich nicht um ein politisches, sondern um ein handelsrechtliches Problem. "Die Frage ist, ob Ungarn das Recht dazu hat, derartige Verträge mit einem Nicht-EU-Land (wie Russland) zu schließen", fügte er hinzu.
Nach unbestätigten Informationen des Internet-Portals bruxinfo wollte die EU-Kommission die Regierung in Budapest auch dazu auffordern, die Vorbereitungen und Arbeiten im Zusammenhang mit dem Ausbau von Paks einzustellen. Eine Sprecherin der Kommission wollte das unter Berufung auf Vertraulichkeit nicht kommentieren. Die Regierung des machtbewussten Orban sieht sich immer wieder mit EU-Vertragsverletzungsverfahren konfrontiert. Derartige Prozeduren leitete die Kommission in der Vergangenheit unter anderem wegen Missständen in der Justiz und im Datenschutz und wegen juristischer und steuerpolitischer Diskriminierung von internationalen Banken, Energiedienstleistern und Handelsketten ein.
Auch Ägypten will ein Akw
Auch Ägypten hat bei Russland ein Kernkraftwerk in Auftrag gegeben - sein erstes. Der Vertrag über den Bau von vier 1200-Megawatt-Reaktoren wurde in Kairo unterzeichnet. Es sei das größte gemeinsame Projekt seit dem Nil-Staudamm von Assuan, bei dem in den 1960er Jahren die Sowjetunion geholfen hatte, sagte Sergej Kirijenko, Leiter des russischen Atomkonzerns Rosatom.
Das Kraftwerk solle in den nächsten zwölf Jahren bei El Dabaa am Mittelmeer gebaut werden. Zu den Kosten wurden keine Angaben gemacht. Der ägyptische Staatschef Abdel Fattah al-Sisi hatte das Geschäft bei einem Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Kairo im Februar vereinbart.
Quelle: ntv.de, asc/dpa/AFP