Im Streitfall mit Deutschland EU warnt Türkei vor wirtschaftlichen Folgen
24.07.2017, 19:36 Uhr
EU-Erweiterungskommissar Hahn erwartet einen "hochrangigen Dialog" bei den kommenden Gesprächen mit der Türkei.
(Foto: dpa)
In Sachen Rechtsstaatlichkeit eckt die Türkei aktuell mit Deutschland und der Europäischen Union an. Die politischen Auseinandersetzungen könnten langwierige Konsequenzen für das Land am Bosporus haben - davor warnt die EU jetzt eingehend.
Die EU-Kommission hat der Türkei gegenüber zu Bedenken gegeben, welche Folgen die anhaltenden Spannungen mit der Union und Deutschland nach sich ziehen könnten. EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn sagte, dass der Konflikt "der türkischen Gesellschaft" und "der türkischen Wirtschaft" schade. Er fördere sicher nicht die Bereitschaft von Touristen, ins Land zu kommen. "Dasselbe gilt für Investitionen in das Land, wenn die Situation weiter sehr wackelig, sehr unklar, sehr zerbrechlich erscheint."
Laut Hahn entferne sich "das Land sozusagen von europäischen Werten" und bezog sich dabei auf das Vorgehen gegen Regierungskritiker und Journalisten, das "besorgniserregend" sei. Der Streitpunkt werde auch beim kommenden Treffen in Brüssel thematisiert werden.
Am Dienstag kommen der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu und Europaminister Ömer Celik mit der außenpolitischen Sprecherin der EU, Federica Mogherini und dem EU-Kommissar zusammen, um über das EU-Beitrittsgesuch der Türkei zu diskutieren. Aber auch Themen wie Terrorismusbekämpfung, Migration und Visa-Liberalisierung sollen auf der Tagesordnung stehen.
Zollunion-Erweiterung unsicher
Hahn erwarte zwar einen "hochrangigen Dialog", aber rechne auch mit "Auffassungsunterschieden" in der Frage der Rechtsstaatlichkeit. Verdächtigungen oder Anklageerhebungen ohne konkrete Vorwürfe würden den rechtsstaatlichen Prinzipien widersprechen. "Hier haben wir doch den Eindruck, dass viele dieser Vorwürfe pauschal erhoben werden."
Für die perspektivische Teilnahme der Türkei an der Zollunion habe das auch Auswirkungen. Bei den EU-Ländern gebe es Forderungen, die ohnehin geplanten Formulierungen zur Rechtsstaatlichkeit wegen der aktuellen Lage "anzuschärfen", so Hahn. Es gebe zwar auch auf EU-Seite ein starkes wirtschaftliches Interesse an dem Projekt - an "gewissen Rahmenbedingungen" komme man aber nicht vorbei. Mit einer schnellen Entscheidung im Sinne der Türkei, sei demnach aber nicht zu rechnen.
Keine Auswirkungen sollen die Gespräche auf die Finanzhilfen zum EU-Beitritt der Türkei haben. Nur wenn die Beitrittsverhandlungen an sich gestoppt werden, würden auch die Heranführungshilfen nicht mehr fließen. Von dem Budget, das 4,5 Milliarden Euro beträgt und im Zeitraum von 2014 bis 2020 an die Türkei gehen soll, hat die EU ohnehin erst 190 Millionen Euro tatsächlich ausgezahlt.
Quelle: ntv.de, mba/AFP/dpa