Machtkampf gegen Corbyn Eagle könnte den Labour-Chef ausbooten
10.07.2016, 19:56 Uhr
Angela Eagle gilt als rhetorisch talentiert und versöhnend zugleich.
(Foto: REUTERS)
Die Labour-Politikerin Angela Eagle kündigt an, ihre Bewerbung für den Parteivorsitz einreichen zu wollen. Als "Kandidatin der Einheit" hat sie gute Chancen gegen den umstrittenen Corbyn. Sie spricht viele Wählertypen an - vom Arbeiter bis zum Hipster.
Als Jugendliche gewann sie Schachturniere, jetzt könnte die britische Labour-Abgeordnete Angela Eagle den Noch-Parteichef Jeremy Corbyn schachmatt setzen. Am Wochenende kündigte die 55-jährige Ex-Gewerkschafterin an, dass sie am Montag offiziell ihre Bewerbung um den Parteivorsitz einreichen werde. Politischen Kommentatoren zufolge könnte Eagle genau die Richtige für den Posten sein, gilt sie doch als rhetorisch talentiert und versöhnend zugleich.
"Ihre Loyalität gegenüber ihrer Partei und ihre Fähigkeiten im Abgeordnetenhaus führen dazu, dass sie als 'Kandidatin der Einheit' gesehen wird - jemand, der die Basis, die Abgeordneten und die Führung der Labour-Partei nach der Krise einen kann", schrieb der linksgerichtete "Daily Mirror".
Geboren wurde Eagle am 17. Februar 1961 im nordenglischen Yorkshire, sie hat eine eineiige Zwillingsschwester, die ebenfalls Labour-Abgeordnete ist. Nach der Schulzeit - an einer staatlichen Schule statt einer Eliteeinrichtung - studierte die Tochter eines Druckereiangestellten und einer Schneiderin in Oxford Philosophie, Politik und Wirtschaftswissenschaften.
Kann alle Wählertypen ansprechen
Nach dem Studium arbeitete Eagle zunächst für einen Industrieverband, bevor sie Gewerkschafterin wurde. 1992 wurde sie erstmals ins Abgeordnetenhaus gewählt. 2001 holte der damalige Labour-Premierminister Tony Blair sie in sein Kabinett. Ein Jahr später fiel sie einer Kabinettsumbildung zum Opfer, bevor sie 2007 unter Gordon Brown wieder Staatssekretärin wurde.
Unter Corbyn gehörte Eagle zu dessen Schattenkabinett - bevor sie und zahlreiche andere Mitglieder es Ende Juni nach dem Brexit-Votum der Briten aus Protest verließen. Eagle schrieb ihrem Parteichef dabei einen geharnischten Brief: Zu viele Labour-Anhänger hätten sich beim Referendum über den britischen EU-Ausstieg von den Argumenten der Rechten überzeugen lassen, weil Labour unter Corbyns Führung nur "halbherzig" für die EU-Mitgliedschaft geworben habe, kritisierte sie. "In derart turbulenten Zeiten brauchen wir einen Anführer, der die Labour-Partei eher einen statt spalten kann."
Einschätzungen politischer Beobachter zufolge könnte die 55-Jährige die richtige Persönlichkeit für diese Aufgabe sein. "Eagle fühlt sich wohl in ihrer Haut und kann alle Wählertypen ansprechen" - vom nordenglischen Arbeiter bis zum Hipster aus dem Londoner In-Bezirk Shoreditch, schrieb ein Kolumnist des "Daily Telegraph": "Sie wäre genau das, was Labour braucht."
Rednerisch "pointiert und witzig"
Eagle gilt als Vertreterin des linken Parteiflügels. Bei Abstimmungen folgte sie bislang stets der Fraktionsdisziplin - mit einer Ausnahme im vergangenen Jahr, als sie gegen Corbyn dafür stimmte, dass Großbritannien sich an den Luftangriffen des internationalen Militärbündnisses in Syrien beteiligt.
Während der bisherige Parteichef Corbyn in der wöchentlichen Fragestunde im Parlament rednerisch wenig überzeugen konnte, erwies sich Eagle in ihren Wortgefechten mit Finanzminister George Osborne als "pointiert und witzig", wie der konservative "Daily Telegraph" befand.
2008 wurde die bekennende Homosexuelle Eagle die erste britische Parlamentsabgeordnete, die eine eingetragene Partnerschaft einging. Sollte sie an die Labour-Spitze gewählt werden, wäre sie die erste bekennende Homosexuelle an der Spitze einer der großen britischen Parteien.
Quelle: ntv.de, Ouerdya Ait Abdelmalek, AFP