"Luther King auf Steroiden" Ein Gouverneurskandidat nach Trumps Geschmack
16.03.2024, 08:30 Uhr Artikel anhören
Mark Robinson ist stellvertretender Gouverneur - und will nun den Chefposten von den Demokraten übernehmen.
(Foto: IMAGO/USA TODAY Network)
Mark Robinson hat den Holocaust geleugnet, sieht Schwarze als Sklaven und will zurück in die Zeit, als Frauen nicht wählen durften, weil die Republikaner da noch die Progressiven waren. Und er will den US-Bundesstaat North Carolina regieren. Trump lobpreist ihn.
Donald Trump gibt sich schwer begeistert. Anfang März macht der Ex-Präsident Wahlkampf in Greensboro, einer der größten Städte in North Carolina. "Das ist Martin Luther King auf Steroiden!", sagt er vor der Menge. So habe er Mark Robinson seinen Mitarbeitern beschrieben, erzählt Trump. Robinson, stellvertretender Gouverneur des Bundesstaats, steht samt seiner Frau neben der Bühne und weiß nicht, ob er den Vergleich als Kompliment auffassen soll. "Du solltest es mögen, denn Du bist außergewöhnlich und Du wirst der nächste Gouverneur werden", rät Trump ihm. Das Publikum jubelt. Doch der Ex-Präsident ist noch nicht fertig: "Die Lügenpresse wird meine Äußerung nehmen und fragen: 'Ist er ein Rassist?' und so weiter, aber mir ist das egal. Die Leute verstehen es."
Trumps und Robinsons Schicksale sind lose miteinander verknüpft. Der designierte Präsidentschaftskandidat der Republikaner will im November wieder ins Weiße Haus, Robinson den Gouverneursposten in North Carolina von den Demokraten übernehmen. Seine indirekte Wahlkampfhilfe, indem er viele von Trumps Positionen plakativ vertritt, sind überaus willkommen, weshalb Trump ihn öffentlich unterstützt. Robinson wird sich im November mit dem Demokraten Josh Stein auseinandersetzen müssen, einem Weißen. Er hingegen wäre der erste schwarze Gouverneur des Bundesstaats.
In North Carolina sind ein Drittel der Wähler als Demokraten registriert, unter Schwarzen sind es 76 Prozent. Aber 92 Prozent hatten den Demokraten gewählt. Im Bundesstaat bezeichnen sich etwa 70 Prozent als Weiße, rund 22 Prozent als Schwarze oder Afroamerikaner. Robinson sagt: Ich bin Amerikaner, der Rest interessiert mich nicht. "Ich war nie in Afrika, und jene, die meine Freiheit verteidigt haben, taten dies unter der US-Flagge, keiner anderen." Als er 2020 stellvertretender Gouverneur werden wollte, definierte er sich selbst in dieser Reihenfolge: erstens Christ, zweitens Amerikaner, drittens Konservativer und viertens Republikaner.
"Wissen nicht, wer ihre Herren sind"
Was eine integrative Botschaft gegen Rassismus sein könnte, wird von anderen Aussagen übertroffen. So leugnete er vor einigen Jahren den Holocaust. "Diese Dummheit, dass Hitler MILLIONEN Juden entwaffnet und sie dann in Konzentrationslager deportiert, ist ein Haufen Nonsens", schrieb er auf Facebook. Er ließ sich darüber aus, dass Schwarze, die Demokraten wählten, nicht bemerkten, dass sie "Sklaven" der Weißen seien: "Sie wissen nicht, wer ihre Herren sind."
Mit viel gutem Willen ist das verständlich: Noch immer sind Haushalte von Schwarzen wirtschaftlich wesentlich schlechter gestellt als die all der anderen ethnischen Gruppen und müssen entsprechend auch häufiger gesellschaftliche Härten durchstehen. Doch so kommt es wohl nicht an. "Die Leute fühlen sich hochgradig beleidigt und hoch motiviert, auch wenn eine schwarze Person dies sagt", wird ein Vertreter der Bürgerrechtsbewegung "Black Votes Matter" bei "The Hill" zitiert. Robinson beklagte in der Vergangenheit, "so viele Freiheiten" seien durch die Bürgerrechtsbewegung in den 1960er Jahren verloren gegangen.
Der 59-jährige Robinson kam wegen eines Videos in die Politik. Es entstand, als er sich 2018 bei einer Stadtratssitzung in Greensboro darüber aufregte, dass eine Waffen-Show abgesagt werden sollte, weil kurz zuvor in Parkland im Bundesstaat Florida ein Schütze 17 Menschen an einer High School getötet hatte. "Wir wollen unsere Rechte behalten, und mit Gott werden wir sie behalten, was auch immer kommen mag", sagt er darin. Die Aufnahme des Auftritts wurde millionenfach angesehen, sie machte ihn unter Konservativen bekannt. Auf seiner Facebook-Seite bezeichnete er Schüler, die sich nach dem Massaker für strengere Waffenkontrollen einsetzten, als "verwöhnte kleine Bastarde". Dort finden sich auch weitere verstörende Äußerungen: Er ließ sich antisemitisch aus, bezeichnete Michelle Obama als Mann und "anti-amerikanische, Abtreibungen und schwule Heirat unterstützende, liberale linke Elitistin". Sogar ein Hitler-Zitat über "Stolz für die eigene Rasse" ist zu finden.
Als er 2020 stellvertretender Gouverneur geworden war, schimpfte er darüber, dass öffentliche Schulen "Widerlichkeiten Transgender und Homosexualität" lehrten und Christen deshalb die Kontrolle übernehmen müssten. Wenn eine Kirche eine Regenbogenfahne gehisst habe, mache ihn das "krank", weil es "Gott direkt ins Gesicht spuckt". Robinson unterstützte auch Trumps Lügen der angeblich gestohlenen Präsidentschaftswahl 2020 und die eindeutig widerlegte "Birther"-These, nach der Barack Obama nicht in den USA geboren sein soll.
Demokraten wollen Aussagen ausnutzen
Eigener Aussage zufolge sehnt Robinson die USA herbei, als die republikanische Partei noch die progressiveren Positionen des Nordens vertrat und die Demokraten die der Weißen im Süden. Erst im Zuge der Bürgerrechtsbewegung der Schwarzen fand der historische Positionswechsel der Parteien statt. "Ich will absolut zurück in ein Amerika, wo Frauen nicht wählen durften", erklärte Robinson. "Denn in jenen Zeiten hatten wir Leute, die für echten sozialen Wandel kämpften, und sie hießen Republikaner. Ihretwegen können Frauen heutzutage wählen." Das ist gelinde gesagt eine ungeschickte Überleitung. Allein für den ersten Satz könnten ihm einige das Etikett "unwählbar" verpassen.
Weibliche Wähler hatten US-Präsident Joe Biden bei seinem ersten Duell gegen Trump zum Sieg verholfen. Die dürften ihre Zweifel an Robinson haben, da er ein striktes Abtreibungsverbot nach sechs Wochen fordert. 53 Prozent der Frauen in North Carolina sprachen sich im vergangenen Jahr in einer Umfrage auch schon gegen das Verbot nach 12 Wochen aus, was dort inzwischen geltendes Gesetz ist.
Sollte Robinson genügend Wähler abschrecken, könnte das den Demokraten zum Sieg verhelfen - und vielleicht sogar Biden zu North Carolinas Wahlleuten. US-Amerikaner wählen den Präsidenten nicht direkt, der Sieger erhält sämtliche Stimmen des Bundesstaats. Der Verlierer geht leer aus. Zugleich entscheiden sich Wähler häufig "down the ballot", also für alle Kandidaten einer Partei. Die Demokraten hoffen, wegen der Ablehnung Robinsons auch das Präsidentschaftsvotum zu gewinnen. Das letzte Mal votierte North Carolina im Jahr 2008 für die Demokraten, als Barack Obama antrat.
Trotz seiner inhaltlichen Ausfälle ist Robinson eloquent und stellt sich als "einer von euch" dar. Seinem ausführlichen Wahlkampfvideo zufolge war er das neunte von zehn Kindern, sein Vater gewalttätiger Alkoholiker. Als dieser starb, brachte seine Mutter die Kinder als Reinigungskraft durch. Er selbst habe aufgrund der Folgen des NAFTA-Freihandelsabkommens mit Mexiko und Kanada in den 90er Jahren zwei Jobs, sein Haus und Auto verloren. Entsprechend stellt Robinson sich als Außenseiter dar, der nicht aus Karrieregründen seit 2019 in der Politik ist, sondern wegen "offensichtlicher Sorgen". "Wir wissen, dass die Preise für Benzin und Lebensmittel und Kinderbetreuung empörend sind." Robinson hat sogar schon eine Autobiografie veröffentlicht. Der Titel: "Wir sind die Mehrheit!" Falls das so ist, muss diese im November auch für ihn stimmen.
Quelle: ntv.de