"Nicht um jeden Preis" Erdogan distanziert sich von EU-Beitritt
20.11.2016, 14:20 Uhr
Kein EU-Beitritt "um jeden Preis": Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan liebäugelt stattdessen mit Asien.
(Foto: AP)
Als Reaktion auf die anhaltenden Spannungen zwischen Brüssel und Ankara angesichts der Menschenrechtslage in der Türkei orientiert sich Staatschef Erdogan nun Richtung Asien - und weg von Europa. Das ermögliche ihm, politisch "deutlich freier" zu agieren.
Die Türkei braucht ihrem Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zufolge einen EU-Beitritt "nicht um jeden Preis". Stattdessen könne sich sein Land einem Sicherheitsblock asiatischer Staaten um China und Russland anschließen, sagte Erdogan laut der Zeitung "Hürriyet" zu Journalisten auf dem Rückflug von einem Besuch in Usbekistan und Pakistan. Die Türkei sollte "gelassen bleiben, was die EU angeht", so Erdogan. "Einige mögen mich kritisieren, aber ich äußere nur meine Meinung".
Mit einem Beitritt zu der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) könne die Türkei politisch deutlich freier agieren, sagte der Staatschef. Er habe auch schon mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Kasachstans Staatschef Nursultan Nasarbajew darüber gesprochen. Die Türkei ist Nato-Mitglied und hat das zweitgrößte Heer des Militärbündnisses nach den USA.
Die SCO ist eine Sicherheits- und Handelsorganisation, die sich um die Belange in der Region kümmert. Die Organisation wurde 2001 als regionaler Sicherheitsblock gegründet, mit dem Ziel eines besseren Schutzes vor Islamisten und Drogenschmugglern aus Afghanistan. Ihr gehören neben China und Russland auch Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan und Usbekistan an. Die Türkei hat wie Weißrussland den Status eines Gesprächspartners, der an Treffen auf Ministerebene ohne Stimmrecht teilnehmen darf.
Die Türkei führt seit 2005 offiziell Beitrittsverhandlungen mit der EU. Das Verhältnis zwischen Brüssel und Ankara ist allerdings seit Monaten angespannt. Erdogans islamisch-konservativer Regierung wird vorgeworfen, ohne Rücksicht auf rechtsstaatliche Grundsätze mit aller Härte gegen Regierungskritiker vorzugehen. Allein seit dem Putschversuch Mitte Juli wurden zehntausende vermeintliche Regierungsgegner festgenommen oder vom Dienst suspendiert.
Quelle: ntv.de, jug/AFP/rts