"Wen kümmert es, ob ihr das kauft?" Erdoğan pfeift auf Putins Sanktionen
05.12.2015, 21:58 Uhr
Recep Tayyip Erdoğan bleibt angesichts der Sanktionen Russlands tiefenenstspannt.
(Foto: AP)
Es brodelt zwischen Ankara und Moskau: Nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets im türkisch-syrischen Grenzgebiet kann von Annäherung keine Rede sein. Während Putin mit weiteren Sanktionen droht, gibt sich Erdoğan halsstarrig.
Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdoğan hat sich angesichts der von Moskau auferlegten Sanktionen nach dem Abschuss eines russischen Kampfflugzeugs gelassen gezeigt. Die Türkei werde wegen der Beschränkungen auf Importe türkischer Waren nach Russland - immerhin im Wert von rund einer Milliarde Dollar - nicht kollabieren, sagte er in einer Rede vor Wirtschaftsvertretern, die im Fernsehen übertragen wurde.
"Wen kümmert es, ob ihr das kauft oder nicht?", meinte Erdoğan an die Adresse Russlands gerichtet. Die Türkei werde andere Abnehmer finden. Bisher habe es keine negativen Auswirkungen der Sanktionen gegeben. Auch gemeinsame Energieprojekte mit Russland seien bislang nicht beeinträchtigt, so der Regierungschef.
Damit wies er die Darstellung des russischen Energieministers Alexander Nowak zurück, wonach Russland kein Interesse mehr an der geplanten TurkStream-Gaspipeline habe. Das Gegenteil sei der Fall, konterte nun Erdoğan. Weil die Türkei ihre Forderungen nicht erfüllt gesehen habe, habe sie das Projekt abgeblasen. Russland ist der wichtigste Energieversorger der Türkei, liefert Gas, Kohle und Öl.
Erdoğan sucht Ersatz für russisches Gas
Zudem soll Russland für 20 Milliarden Dollar das erste türkische Atomkraftwerk bauen. Bisher gibt es laut Erdoğan keine Anzeichen dafür, dass der Streit mit Russland das Projekt gefährden könnte. Die Türkei halte aber schon nach zusätzlichen Gaslieferungen aus Katar und Aserbaidschan Ausschau, falls die russische Versorgung zurückgehen sollte. Zudem wolle die Türkei erneuerbare Energiequellen im Inland erschließen.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte im Streit mit der Türkei den Ton zuletzt abermals verschärft und dem Nato-Land mit härteren Sanktionen gedroht. Als Reaktion auf den Abschuss eines Kampfjets im türkisch-syrischen Grenzgebiet hatte Russland bereits die Einfuhr von Gemüse und Obst aus der Türkei gestoppt. Der Zwischenfall hat die Beziehungen beider Länder erheblich belastet.
Nach Angaben aus Ankara war der Kampfjet in den türkischen Luftraum eingedrungen und vor dem Abschuss mehrfach gewarnt worden. Russland erklärte dagegen, das Flugzeug sei in ausschließlich über Syrien geflogen. Die Regierung in Moskau wirft der Türkei deshalb eine "geplante Provokation" vor.
Quelle: ntv.de, jug/rts