Möglicherweise 400 Tote Erneut sinken Flüchtlingsboote im Mittelmeer
18.04.2016, 15:51 UhrAuf der Überfahrt von Ägypten nach Italien kentern vier Flüchtlingsboote mit Hunderten Menschen an Bord. Nur etwa 30 können gerettet werden. Die Katastrophe ereignet sich fast auf den Tag genau ein Jahr nach der Tragödie vor Libyen mit 700 Toten.
Im Mittelmeer hat sich nach italienischen Angaben erneut eine Flüchtlingskatastrophe ereignet. "Es ist sicher, dass wir es fast genau ein Jahr nach der Katastrophe in libyschen Gewässern wieder mit einer Tragödie zu tun haben", sagte der italienische Außenminister Paolo Gentiloni am Rande eines EU-Ministertreffens in Luxemburg. Die verunglückten Menschen waren demnach in Ägypten aufgebrochen. Konkrete Opferzahlen nannte er nicht. Man versuche, mehr Details und Informationen zu bekommen.
Auch Italiens Präsident Sergio Mattarella sprach von einer "weiteren Tragödie im Mittelmeer". Er nannte dabei ebenfalls keine Einzelheiten. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hatte zuvor gesagt, von Berichten über eine Katastrophe mit mehr als 300 Opfern gehört zu haben. Ein Sprecher wies jedoch ausdrücklich darauf hin, dass diese Informationen noch nicht bestätigt seien.
Der arabische Dienst des britischen Senders BBC hatte zuvor unter Berufung auf nicht näher genannte ägyptische Berichte gemeldet, bei der Katastrophe seien mehr als 400 Flüchtlinge ertrunken, die meisten von ihnen Somalier. Insgesamt seien vier Boote im Mittelmeer gesunken, hieß es. Nahezu 30 Menschen sollen lebend aus dem Meer geborgen worden sein. Die somalische Botschaft in Kairo konnte die Nachricht nicht bestätigen.
Es ist nicht das erste Mal, das Hunderte Flüchtlinge im Mittelmeer ums Leben kommen. Erst vor etwa einem Jahr waren bei einem weiteren Schiffsunglück 700 Menschen gestorben. Im Oktober 2013 kamen 400 Flüchtlinge vor der italienischen Insel Lampedusa ums Leben.
EU-Mission "Sophia" vor libyscher Küste?
Seitdem die Balkanroute dicht ist, konzentrieren sich Schlepperbanden wieder auf die Route von Libyen und Ägypten übers Mittelmeer nach Italien. Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres haben sich mehr als 16.000 Migranten auf die gefährliche Überfahrt gemacht. Das sind etwa 6000 mehr als im selben Zeitraum vor einem Jahr. Allein in Libyen warten derzeit Hunderttausende weitere Flüchtlinge auf die Abfahrt mit einem der zumeist völlig überfüllten Schlepperboote.
Derweil verhandelt Bundesaußenminister Steinmeier in Luxemburg darüber, ob der EU-Mittelmeereinsatz vor Libyen in absehbarer Zeit ausgeweitet wird. Es sei "keine Frage", dass "in Zukunft mehr notwendig" sein werde, so Steinmeier. Die im vergangenen Sommer gestartete EU-Mission "Sophia" dient zwar der Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer, ist aber auf die Überwachung der Gewässer außerhalb des libyschen Hoheitsgebiets beschränkt. Die beteiligten Streitkräfte dürfen auch Boote anhalten, durchsuchen und beschlagnahmen. Das Mandat muss Ende Juni erneuert werden. Insbesondere Frankreich und Großbritannien drängen auf eine Ausweitung der Befugnisse.
Quelle: ntv.de, ppo/jug/rts/AFP/dpa