Grünen-Sprecherin im "Frühstart" "Es reicht nicht, eine Münze in einen Brunnen zu werfen"
02.11.2021, 11:08 Uhr
Die Bundessprecherin der Grünen Jugend, Sarah-Lee Heinrich, fordert von den G20-Staaten mehr Einsatz für das Klima. Die Welt müsse bis 2050 klimaneutral sein. Noch schneller müssten die G20-Staaten sein, "die eine historische Verantwortung tragen".
Sarah-Lee Heinrich, Bundessprecherin der Grünen Jugend, wundert sich: Ausnahmsweise sei sie einer Meinung mit dem britischen Premier Boris Johnson. Der hatte zur Eröffnung des Umweltgipfels in Glasgow gesagt, es sei beim Kampf gegen den Klimawandel eine Minute vor Mitternacht. "Es ist nicht so, als könnten wir nichts mehr gegen den Klimawandel tun", sagt Heinrich im "Frühstart" von ntv, "es ist nicht so, als könnten wir nicht dafür sorgen, dass uns die Klimakatastrophe komplett über den Kopf wächst, es muss nur getan werden. Und dafür reicht's nicht, eine Münze in irgendeinen Brunnen zu werfen."
Zum Abschluss des G20-Gipfels in Rom hatten die Staats- und Regierungschefs am Sonntag Münzen in den Trevi-Brunnen geworfen und sich dabei fotografieren lassen. Der Legende nach bringt es Glück, eine Münze über die Schulter in den Brunnen auf der Piazza di Trevi zu werfen.
Anders als Bundeskanzlerin Angela Merkel wertet Heinrich die Ergebnisse des G20-Gipfels nicht als Erfolg. "Für mich und für alle ist doch eigentlich klar, dass wir (global) spätestens 2050 klimaneutral werden müssten. Und dass viele Länder vorher klimaneutral werden müssen, vor allem die G20-Staaten, die eine historische Verantwortung tragen."
Von einer Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke in Deutschland, die Ende kommenden Jahres abgeschaltet werden sollen, hält Heinrich gar nichts. Diese Frage stelle sich nicht. Es gehe darum, die Erneuerbaren Energien schnell auszubauen. "Das ist ja die Frage, die sich stellt. Wie schnell können wir auf Kohle, aber auch auf Gas verzichten." In dem Sondierungspapier der möglichen Ampel-Koalitionäre seien ehrgeizige Ziele formuliert, die auch erreicht werden müssten.
Die von den Verhandlungspartnern angepeilte Einführung eines Bürgergeldes anstelle von Hartz IV reicht Heinrich nicht aus. "Nicht der Name muss sich ändern, sondern das System", so die Sprecherin. "Bei Hartz IV ist nicht der Name problematisch, sondern dass Menschen unter dem Existenzminimum leben." Der Regelsatz liege momentan bei 466 Euro. Heinrich fordert eine Erhöhung auf 600 bis 650 Euro. Und die Sanktionen seien "wenig zielführend" und gehören ihrer Ansicht nach abgeschafft. "Viele Menschen, die Unterstützung brauchen, haben Angst vor dem Jobcenter. Obschon das Jobcenter ein guter Ort sein könnte, um weitervermittelt zu werden, um Unterstützung zu bekommen und auch um eine Weiterbildung anzufangen."
Das Lohnabstandsgebot, das vorsieht, dass derjenige, der morgens aufsteht und zur Arbeit fährt, mehr verdienen muss als derjenige, der von Transferleistungen lebt, ließe sich laut Heinrich problemlos einhalten. "Das kann man ganz einfach gewährleisten, indem Menschen höhere Löhne bekommen", sagt Heinrich. Auch der Lidl-Verkäuferin könne man die Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze leicht erklären. "Indem man ihr sagt, dass auch sie mehr verdienen wird."
Quelle: ntv.de, cwi