Interview mit Syriza-Koordinator Gibt es ein Ausstiegsszenario für Tsipras?
17.07.2015, 07:18 Uhr
(Foto: REUTERS)
Das neue Hilfspaket für Griechenland spaltet die Fraktion von Alexis Tsipras. Theodoros Paraskevopoulos, der für die Koordination von Partei und Fraktion verantwortlich ist, spricht über die Stimmung bei Syriza und erklärt, wie man die Risse wieder schließen will.
n-tv.de: Man hat den Eindruck, Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras ist nach den Verhandlungen in Brüssel und der unsicheren Situation in seiner Koalition angeschlagen. Täuscht das?
Theodoros Paraskevopoulos: Tsipras wackelt nicht. Die Fraktion hat nicht geschlossen für die Vorlage der Regierung gestimmt. In dieser Frage steht die Regierungsmehrheit nicht. Aber alle, die dagegen gestimmt oder sich enthalten haben, haben auch gesagt: In einer Vertrauensfrage würden sie der Regierung das Vertrauen aussprechen.
Aber war die Frage zum Sparpaket nicht so evident, dass jemand, der Tsipras in dieser Situation nicht folgt, ihn zwangsläufig infrage stellt?
Darüber müssen wir in Partei und Fraktion sehr ernste Gespräche führen. Denn die Regierungsarbeit muss auch unter den neuen Bedingungen fortgesetzt werden und das ist natürlich schwierig, wenn große Teile der Partei und der Fraktion dies nicht mittragen. Die Parteiorganisationen beraten schon und die Führungsgremien werden in den nächsten Wochen zusammentreten. Vor allem muss ein Plan ausgearbeitet werden - nicht wie ein schlechtes Abkommen den Menschen "verkauft" wird, sondern wie tatsächlich die Lasten nicht von den ärmeren Schichten getragen werden und wie die Frage von Wachstum und Beschäftigung angegangen wird. Mit einem solchen Plan werden die Risse in der Partei wieder geschlossen.
Die neuen Sparvorhaben gehen teilweise sogar über das hinaus, was noch Ende Juni ausgehandelt, aber von der griechischen Regierung nicht unterschrieben wurde.
Das neue Kürzungspapier ist nicht strenger als das erste, auch wenn das häufig so dargestellt wird. In dem damaligen Vorschlag ging es um eine Überbrückung von vier Monaten, danach sollte neu verhandelt werden. Nun ist vereinbart worden, dass die Maßnahmen zwar etwas strenger sind, aber dafür ist es ein ganz neues, dreijähriges Abkommen. Die Finanzierung griechischer Schulden und das Funktionieren des Bankensystems sind erst einmal gesichert. Darüber hinaus wurde vereinbart, dass die Erleichterung der Schuldenlast angegangen wird.
Wie ist die Stimmung in der Fraktion nach der gestrigen Abstimmung, wie groß der Rückhalt für Tsipras?
Sein Rückhalt ist sehr groß, aber die Partei und der Vorsitzende selbst halten das Abkommen für schlecht. Es ist das erste Mal, dass eine Regierung vor das Volk tritt und sagt: Wir sind erpresst worden und wir haben in den meisten Punkten nachgeben müssen.
Warum lässt Tsipras dann überhaupt über das Sparprogramm abstimmen?
Die andere Möglichkeit wäre der Zusammenbruch Griechenlands.
Gibt es ein Ausstiegsszenario für Tsipras beziehungsweise für Syriza?
Es gibt Leute, die dies fordern, aber ich glaube, sie sind in der Minderheit. Man darf das nicht verwechseln mit verschiedenen Szenarien, die Regierungen und Parteien ausarbeiten müssen, denn die Währungsunion wackelt. Man muss auf alle Fälle vorbereitet sein. Was würde man machen, wenn die Geldgeber in der Frage der Umstrukturierung der Schulden oder beim Privatisierungsfond nicht nachgeben?
Mit Theodoros Paraskevopoulos sprach Christian Rothenberg
Quelle: ntv.de