Neuer EU-Kommissionspräsident Grüne hadern noch mit Juncker
31.05.2014, 07:06 Uhr
Jean-Claude Juncker hat beste Chancen, neuer Kommissionspräsident zu werden.
(Foto: REUTERS)
Bei seiner Bewerbung um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten kann der konservative Politiker Juncker auch auf Stimmen aus den Reihen der Grünen hoffen. Sicher ist das jedoch nicht.
Die Grünen wollen sich im Machtpoker um den künftigen EU-Kommissionspräsidenten noch nicht festlegen. Entscheidend seien die Inhalte, sagte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner in Berlin am Rande des kleinen Parteitages der Grünen. Wichtig seien wirklicher Klimaschutz, eine weitere Demokratisierung der EU sowie die Position des künftigen Kommissionspräsidenten zum geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP).
Co-Parteichefin Simone Peter betonte, klar sei, dass einer der Spitzenkandidaten Chef der EU-Kommission werde müsse. Mit Blick auf das umstrittene Vorgehen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sie von einer Farce. Es seien zwei Kandidaten "vorgegaukelt" worden. Kaum sei die Wahl vorbei, wollten die Staats- und Regierungschefs, allen voran Angela Merkel, den Kommissionspräsidenten ausdealen. Dies sei Wählertäuschung und eine undemokratische Hinterzimmerpolitik. Kellner warf Merkel einen Zickzackkurs vor, der "sehr irritierend" sei.
"Weiterentwicklung der Demokratie"
Zuvor hatte der Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit seine Partei zur Unterstützung des Konservativen aufgerufen."Ich habe viel zu kritisieren an Juncker, aber ich rate in diesem Fall den EU-Abgeordneten, sich hinter ihn zu stellen", sagte der scheidende Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europaparlament der "Frankfurter Rundschau".
Das Parlament müsse intelligent handeln und dem Europäischen Rat vor dem nächsten Gipfel klar sagen, dass Juncker eine Mehrheit habe. "Denn dann erleben wir wirklich die Weiterentwicklung der europäischen Demokratie." Er empfehle den Grünen daher dieses Mal, Juncker trotz aller Kritik eine Mehrheit zu sichern.
Die Europäische Volkspartei war als Sieger aus der Europawahl hervorgegangen. Im Ringen um die Besetzung der EU-Kommission hofft bisher der sozialdemokratische Spitzenkandidat Martin Schulz auf die Unterstützung der Grünen. Cohn-Bendit hatte Schulz jedoch bereits unmittelbar nach der Wahl scharf angegriffen. Er warf dem SPD-Politiker vor, einen nationalistischen Wahlkampf geführt zu haben.
Er spielte damit auf ein Wahlplakat an, auf dem es hieß: "Nur wenn Sie Martin Schulz und die SPD wählen, kann ein Deutscher Präsident der EU-Kommission werden." Cohn-Bendit selbst, der zu den bekanntesten Europapolitikern zählt, war bei der Wahl nicht mehr angetreten.
Interne Festlegung
Auch Merkel hatte sich am Freitag überraschend erstmals öffentlich dafür ausgesprochen, Juncker zum neuen Präsidenten der EU-Kommission zu berufen. Zuvor war scharfe Kritik an ihrem Zögern lautgeworden. Nach Darstellung ihres Parteifreundes Elmar Brok hatte Merkel zuvor jedoch bereits intern deutlich gemacht, dass sie Juncker an der Spitze der EU-Kommission durchsetzen will. "Die Kanzlerin hat sich in dieser Woche im EVP-Vorstand für Jean-Claude Juncker als nächsten Kommissionspräsidenten stark gemacht", sagte der CDU-Europaabgeordnete der "Welt".
Brok plädierte dafür, nun auf den britischen Premier David Cameron zuzugehen, der zu den entschiedensten Gegnern Junckers zählt. "Jetzt sollten wir versuchen, Cameron mit ins Boot zu holen, obwohl er kein Vetorecht im Rat hat", sagte er.
Quelle: ntv.de, sba/dpa