Arme Rentner Grundsicherung sprengt das Budget
24.06.2014, 09:40 Uhr
Die Rente reicht Hunderttausenden Alten nicht zum Leben. Die, die können, gehen einfach weiter arbeiten.
(Foto: dpa)
Immer mehr ältere Menschen brauchen Hilfe vom Staat. Das Arbeitsministerium rechnet bereits mit Mehrkosten von 1,7 Milliarden Euro. Eine halbe Million Rentner verdient dazu. Einen Anstieg der Altersarmut will das Ministerium dennoch nicht bestätigen.
Das Bundesarbeitsministerium rechnet in den nächsten vier Jahren mit weiter kräftig steigenden Kosten für die Sicherung der Existenz von armen alten Menschen. Dies ergebe sich aus der Aufstellung des Haushalts für 2014 und Antworten des Ministeriums auf Fragen der Linken-Bundestagsfraktion, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Demnach erwarten die Fachleute im Arbeitsministerium, dass die Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung von voraussichtlich 5,5 Milliarden Euro in diesem Jahr bis 2018 auf rund 7,2 Milliarden Euro steigen - das entspricht zusätzlichen Kosten in Höhe von etwa 1,7 Milliarden Euro.
Die Bundesregierung kalkuliert dabei, dass die Ausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wie in den vergangenen fünf Jahren um jährlich sieben Prozent steigen. Die Anzahl derjenigen, die von diesen Leistungen profitieren, hatte von 2011 bis 2012 ebenfalls um 6,6 Prozent zugenommen.
Ein Sprecher von Arbeitsministerin Andrea Nahles warnte laut "SZ" vor voreiligen Schlüssen: "Der Finanzplan geht nicht von einem deutlichen Anstieg der Altersarmut aus", sagte er der Zeitung. Er wies darauf hin, dass der Anteil der Empfänger von Grundsicherung im Alter von 65 Jahren und älter an der entsprechenden Bevölkerung in den vergangenen Jahren nur leicht von knapp 2,5 auf 2,7 Prozent gestiegen sei. Ein Hauptgrund für die höheren Ausgaben ist für das Ministerium die demografische Entwicklung. "In den kommenden Jahren wird die Anzahl der 65-Jährigen und Älteren an der Gesamtbevölkerung weiter ansteigen und damit auch die Anzahl der Anspruchsberechtigten", sagte er. Außerdem könnten sich die Kosten auch vergrößern, ohne dass die Zahl der armen Alten entsprechend zunimmt, etwa, weil wegen steigender Mietpreise Unterkünfte teuer werden.
Eine halbe Million Alte arbeitet
Der rentenpolitische Sprecher der Linken, Matthias Birkwald, hält die Haushaltszahlen für alarmierend: "Das Rentenpaket ändert nichts an der deutlich hörbar heranrauschenden Welle neuer Altersarmut", sagte der Bundestagsabgeordnete. Das allgemeine Rentenniveau werde durch das Rentenpaket, für das alle Ruheständler durch geringere Rentenerhöhungen zahlen müssten, sogar "noch tiefer sinken".
Den Haushaltsaufstellungen zufolge hat die Bundesregierung für die geplante "solidarische Lebensleistungsrente" in Höhe von monatlich 850 Euro bereits von 2017 an Mittel vorgesehen. Sie belaufen sich auf 22 Millionen Euro. 2018 sollen die Ausgaben für die neue Rente für Geringverdiener auf 49 Millionen Euro zunehmen. Die Ausgaben sind am Anfang sehr niedrig angesetzt, weil zunächst nur wenige tausend Rentner von der Lebensleistungsrente profitieren dürften. Diese gilt für Menschen, die mindestens 40 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben, jedoch wegen ihres niedrigen Verdiensts mit ihren Beiträgen nur auf eine Mini-Rente kommen.
Dass die Rente vielen Älteren nicht zum Leben reicht, zeigt auch eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA), über die die Chemnitzer "Freie Presse" berichtet. Immer mehr Menschen im Rentenalter arbeiten demnach inzwischen über das 65. Lebensjahr hinaus. Demnach gab es Ende Juni 2013 bundesweit fast 830.000 Minijobber über 65 Jahre. Laut BA-Statistik waren das knapp 36.000 mehr als ein Jahr zuvor - und sogar fast 270.000 mehr als 2003. Das Papier war von der Vizefraktionschefin der Linken im Bundestag, Sabine Zimmermann, angefordert worden. Der Statistik zufolge waren knapp 137.000 Minijobber sogar älter als 74.
Auch die Zahl der Menschen ab 65 mit einer regulären, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung steigt demnach. Die Statistik weist 183.435 Beschäftigte und damit knapp 19.000 mehr als 2012 aus. Damit besetzt die Altersgruppe ab 65 - inklusive Minijobs - erstmals mehr als eine Million Arbeitsplätze. Nach Ansicht Zimmermanns arbeiten die meisten aber "nicht zum Spaß und Zeitvertreib weiter, sondern aus purer finanzieller Not".
Quelle: ntv.de, nsc