Neue Dokumente aufgetaucht Hinweise auf Falschaussage von Scholz zum Cum-Ex-Skandal
18.02.2025, 15:01 Uhr Artikel anhören
Scholz bei seinem dritten Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss im Dezember 2024. Er erklärte wiederholt, sich nicht erinnern zu können, aber eine politische Einflussnahme ausschließen zu können.
(Foto: picture alliance/dpa)
Vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum sogenannten Cum-Ex-Skandal in Hamburg während seiner Zeit als Erster Bürgermeister hat Kanzler Scholz bereits dreimal als Zeuge ausgesagt. Es geht um Treffen mit einem Bankier. Nun belasten Scholz neue Dokumente.
In der Affäre um den Cum-Ex-Skandal gibt es Hinweise auf eine Falschaussage von Bundeskanzler Olaf Scholz vor dem Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft. Neue Dokumente, die dem Magazin "Stern" vorliegen, zeigen, dass Scholz entgegen seinen bisherigen Angaben doch in die Beantwortung der Anfrage eines Linken-Parlamentariers eingebunden war. Die Anfrage im November 2019 war besonders heikel, weil der Linken-Abgeordnete Norbert Hackbusch sich nach Treffen von Senatsvertretern wie Scholz und dessen Nachfolger Peter Tschentscher mit Vertretern der in den Cum-Ex-Skandal verwickelten Warburg-Bank erkundigte. In der Antwort wurden solche Treffen bestritten. Mittlerweile weiß man, dass sich Scholz mindestens dreimal mit dem Warburg-Mitinhaber Christian Olearius getroffen hat.
Scholz war am 30. April 2021 in seiner Vernehmung als Zeuge im Untersuchungsausschuss "Cum-Ex-Steuergeldaffäre" gefragt worden, ob er bei der Beantwortung von Hackbuschs Anfrage "in irgendeiner Weise involviert" gewesen sei. Scholz hatte dies verneint. Neue Dokumente zeigen nun, dass sowohl Tschentscher wie auch Finanzsenator Andreas Dressel sich zur Beantwortung von Hackbuschs Frage sehr wohl auch an Scholz gewandt hatten. So hatte Tschentscher einen Entwurf der Antwort an Scholz schicken lassen, der mittlerweile Bundesfinanzminister geworden war. Eine Mitarbeiterin schrieb daraufhin an Scholz' Büroleiterin Jeanette Schwamberger: "Wir geben das dem Chef mit ins Wochenende."
Auch Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel wollte sich bei Scholz rückversichern. Man wolle "wirklich safe" sein, auf die Frage, ob es Treffen mit Olearius gegeben habe, "Nein" antworten zu können, heißt es in einer Mail. Dressel schickte Scholz eine SMS und hakte nach. Dressel wollte sich auf Anfrage des "Stern" nicht dazu äußern, wie Scholz auf seine SMS reagiert hatte. Die Anfrage Hackbuschs wurde schließlich mit "Nein" beantwortet, obwohl Scholz, wie mittlerweile bekannt ist, Olearius mindestens dreimal getroffen hat.
Scholz war bis 2018 Erster Bürgermeister in Hamburg. Er bestreitet bis heute jede Einflussnahme im Cum-Ex-Fall der Warburg-Bank. Scholz behauptet aber, er könne sich an die Treffen nicht erinnern. Neben Eintragungen im Kalender von Scholz sind die Treffen durch Tagebuchaufzeichnungen von Olearius dokumentiert. In seinen Aufzeichnungen hatte der Bankier auch den Anlass der Treffen festgehalten. Es ging demnach um die Ermittlungen und Vorwürfe gegen Olearius und andere Manager wegen den Cum-Ex-Geschäften der Warburg-Bank und um damit verbundenen Steuerrückforderungen.
Scholz wiederholt als Zeuge geladen
Scholz war bereits drei Mal vor dem Ausschuss als Zeuge aufgetreten. Dabei hatte der frühere Hamburger Bürgermeister im Zusammenhang mit Geschäften der Warburg Bank mehrfach erklärt, sich nicht erinnern zu können, aber eine politische Einflussnahme ausschließen zu können.
Der Ausschuss war Ende Oktober 2020 eigentlich eingerichtet worden, um eine mögliche politische Einflussnahme führender SPD-Politiker auf die steuerliche Behandlung der Hamburger Privatbank Warburg zu klären. Hintergrund waren drei Treffen des damaligen Bürgermeisters Scholz mit den Warburg-Gesellschaftern Christian Olearius und Max Warburg 2016 und 2017, die Scholz erst nach und nach bestätigt hatte. Gegen Olearius war damals bereits wegen des Verdachts des schweren Steuerbetrugs ermittelt worden.
Nach den ersten Treffen hatte die Finanzverwaltung entgegen ursprünglicher Pläne auf die Rückforderungen von 47 Millionen Euro zu unrecht erstatteter Kapitalertragssteuer gegen die Bank verzichtet - und diese nach Ansicht der an der Entscheidung Beteiligten in die Verjährung laufen lassen. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst auf Weisung des Bundesfinanzministeriums kurz vor Eintritt der Verjährung eingefordert.
Bei Cum-Ex inszenierten Finanzakteure von Banken, Investmentgesellschaften und Anwaltskanzleien ein Verwirrspiel mit Aktien, die hin- und hergeschoben wurden. Die Finanzämter erstatteten Steuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Das kostete den deutschen Staat und damit die Allgemeinheit einen zweistelligen Milliarden-Euro-Betrag. Die Hochphase dieser Geschäfte war von 2006 bis 2011.
Quelle: ntv.de, gut/dpa