Normalität kehrt ein Hongkonger bauen Barrikaden ab
06.10.2014, 07:10 Uhr
Auch die schiere Erschöpfung trieb einige der Studenten nachhause.
(Foto: imago/UPI Photo)
Die Drohung der Regionalregierung wirkt: Die Demonstranten in Hongkong geben dem Ultimatum der Staatsmacht nach und lassen das Alltagsleben in der Metropole zurückkehren. Doch ganz aufgegeben haben die Studenten noch nicht.
Das Einlenken der protestierenden Studenten in Hongkong hat zu einer merklichen Entspannung der Lage in der Finanz- und Wirtschaftsmetropole geführt. Ein Teil der Barrikaden wurde abgebaut, es kehrte ein Stück weit Normalität zurück. Ungehindert konnten Regierungsbeamte zur Arbeit gehen, auch Mittelschulen konnten nach Angaben lokaler Medien in den betroffenen Gebieten öffnen. Grundschulen und Kindergärten blieben noch geschlossen.
Die Hongkonger Finanzmärkte öffneten an diesem Montag wie gewohnt. Auch machten viele Banken in den betroffenen Gebieten wieder auf. Nur sieben Filialen seien noch geschlossen, berichtete die Regierung. Auch einige der Geldautomaten, die wegen der Proteste ihren Dienst einstellen mussten, seien wieder normal zu benutzen.
Die Zahl der Demonstranten ging am Montagmorgen spürbar zurück, weil viele arbeiten gehen mussten oder erschöpft waren. Viele Hongkonger machten sich früher auf den Weg zur Arbeit, weil es weiter starke Verkehrsbehinderungen gab. Hauptverkehrsstraßen vor allem nahe des Regierungssitzes in Amiralty und in Causeway Bay auf der Insel Hongkong oder im belebten Geschäftsviertel Mong Kok auf der gegenüberliegenden Halbinsel Kowloon waren weiter blockiert.
"Alle notwendigen Maßnahmen"
Die schwerste politische Krise seit der Rückgabe der damaligen britischen Kronkolonie 1997 an China ist damit nicht gelöst. Weiter campierten Hunderte Demonstranten am Morgen nahe dem Regierungssitz und an zwei anderen Protestorten auf den Straßen. Mit ihrem Entgegenkommen wollten die Studenten jedoch eine offene Konfrontation vermeiden.
Regierungschef Leung Chun-ying hatte bis Montagfrüh ultimativ ein Ende zumindest eines Teils der Blockaden gefordert, damit 3000 Regierungsbeamte ihre Arbeit wieder aufnehmen und Kinder zur Schule gehen können. Leung hatte vor einer Eskalation gewarnt und die Entschlossenheit bekräftigt, "alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die soziale Ordnung wiederherzustellen".
Regierung und Studenten zeigten sich grundsätzlich gesprächsbereit. Nach Angriffen von teils gewalttätigen Protestgegnern auf friedliche Demonstranten war aber unklar, wie und wann beide Seiten an einen Tisch kommen können. Die Polizei nahm am Wochenende nach eigenen Angaben 31 Personen fest, darunter mindestens acht mit Verbindungen zu den Triaden genannten, mafiaähnlichen Unterweltgruppen.
Leung schickt Stellvertreterin vor
Die Studentenvereinigung will nur mit der Regierung verhandeln, wenn diese eingehend die Vorwürfe untersuche, "dass die Polizei gegenüber Schlägern Nachsicht gezeigt und bei den jüngsten Protesten die Durchsetzung des Gesetzes selektiv angewandt hat". Regierungschef Leung, dessen Rücktritt die Studenten nach wie vor fordern, hatte Gespräche mit seiner Stellvertreterin Carrie Lam, der Verwaltungschefin Hongkongs, angeboten.
Die seit mehr als einer Woche anhaltenden Proteste hatten sich an Beschlüssen des Pekinger Volkskongresses entzündet. 2017 soll demnach zwar erstmals eine direkte Wahl in Hongkong erlaubt sein. Eine freie Nominierung der Kandidaten wird aber verweigert. Seit dem Souveränitätswechsel 1997 genießt Hongkong nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" ein "ein hohes Maß an Autonomie" sowie Presse- und Versammlungsfreiheit. Die Hongkonger wollen jetzt auch das Versprechen erfüllt sehen, frei wählen zu können.
Quelle: ntv.de, jog/dpa