"Nehmen die Hinweise sehr ernst" Nach Imam-Auftritt im Graue-Wölfe-Shirt drohen Konsequenzen
12.07.2024, 09:54 Uhr Artikel anhören
Wollte sich Ender Cetin nach den Vorkommnissen bei der EM solidarisch mit den Grauen Wölfen zeigen?
(Foto: IMAGO/Funke Foto Services)
Die Problematik um die rechtsextremistischen Grauen Wölfe besteht in Deutschland seit Jahren. Durch die EM ist das Thema aktuell besonders im Fokus. Wegen eines Berliner Imams wird nun möglicherweise die Ausbildung der islamischen Geistlichen angepasst.
Der Auftritt eines Berliner Imams könnte Konsequenzen für die bundesweite, staatlich geförderte Imam-Ausbildung haben. Der Geistliche Ender Cetin war bei einer Fußballveranstaltung in Berlin mit einem T-Shirt mit Graue-Wölfe-Bezug aufgetreten. Als Graue Wölfe werden Anhänger der rechtsextremistischen und teilweise gewaltbereiten "Ülkücü-Bewegung" bezeichnet. Als ihre Feinde gelten angebliche Gegner des Türkentums wie Aleviten, Armenier, Juden, Griechen oder Kurden.
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte nun gegenüber dem "Tagesspiegel", man nehme die Hinweise zu dem Auftritt des Berliner Imams sehr ernst. Bei der Förderung der Ausbildungsgänge am Islamkolleg Deutschland (IKD) handele es sich um ein Modellprojekt. Das BMI werde den Sachverhalt mit dem Kolleg erörtern, "auch dahingehend, ob gegebenenfalls der Auswahlprozess der Auszubildenden anzupassen und/oder die Ausbildung in Absprache mit dem IKD neben bestehenden Inhalten unter anderem zu Antisemitismus und islamistischem Extremismus um die Themen Rechtsextremismus und Ultranationalismus zu erweitern ist".
Ähnlich sieht man es offenbar im niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur. Auf Anfrage erklärte ein Ministeriumssprecher gegenüber dem "Tagesspiegel", man werde "in einem nächsten Projekttreffen erörtern, ob der Auswahlprozess der Kollegiatinnen und Kollegiaten und das Curriculum anzupassen oder zu erweitern sind".
Thema durch EM besonders im Fokus
Bülent Ucar, wissenschaftlicher Leiter des Islamkollegs und Direktor des Instituts für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück, zeigte sich irritiert über den Auftritt des Absolventen. Gegenüber dem "Tagesspiegel" betonte Ucar: "Wir bemühen uns sehr um eine sorgfältige Auswahl der Personen, die am Islamkolleg ausgebildet werden. Bislang sind es um die 150 bis 200 - da kann es durchaus vorkommen, dass wir nicht alles von einem Menschen wissen."
Mit Blick auf die konkrete Personalie fügte Ucar hinzu: "Ich hätte das bei Herrn Cetin allerdings nicht erwartet." Dass Cetin das T-Shirt nicht politisch gemeint haben will, hält Ucar für fragwürdig.
Die Bewegung der Grauen Wölfe wird in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet und hat Tausende Anhänger. Zu einem Verbot kommt es jedoch seit Jahren nicht. Auch hat es immer wieder Treffen deutscher Politiker, beispielsweise aus der SPD, mit Anhängern der Bewegung gegeben. In der Türkei arbeitet die AKP von Präsident Erdogan mit dem politischen Arm der Grauen Wölfe, der MHP, zusammen.
Besondere Aufmerksamkeit erfuhr das Thema kürzlich nach dem "Wolfsgruß" des türkischen Spielers Merih Demiral bei der Europameisterschaft, der daraufhin gesperrt wurde. Beim anschließenden Spiel der Nationalmannschaft solidarisierten sich massenweise türkische Fans mit Demiral und zeigten ebenfalls den rechtsextremistischen Gruß. "Der Wolfsgruß steht wie der Hitlergruß für Gewalt", sagte Nahost-Experte Kamal Sido von der "Gesellschaft für bedrohte Völker" im Interview mit ntv.de.
Quelle: ntv.de, rog