Politik

Vizepräsident trifft Oppositionsgruppen In Ägypten keimt Hoffnung auf

Vizepräsident Suleiman trifft sich mit Vertretern der Opposition.

Vizepräsident Suleiman trifft sich mit Vertretern der Opposition.

(Foto: AP)

Bewegung und Dialog in Kairo: Noch vor wenigen Tagen flogen Steine, kamen Menschen ums Leben. Nun ist die alte Parteispitze um Mubarak abgetreten. Regierung und Opposition sprechen miteinander und auch der jahrzehntelange Ausnahmezustand könnte bald enden. Das Volk aber ruft weiter: Mubarak muss weg.

Hunderte beten für die Toten.

Hunderte beten für die Toten.

(Foto: dpa)

Die Säulen der Macht in Ägypten wanken: Nachdem die Garde der Regierungspartei um Präsident Husni Mubarak abgetreten ist, suchen Machthaber und Opposition den Dialog. Nach Angaben des Staatsfernsehens könnte bald der seit 1981 geltende Ausnahmezustand fallen. Das Alltagsleben am Nil normalisierte sich, auch wenn die Proteste am 13. Tag des Aufruhrs gegen das Mubarak-Regime anhielten. Tausende Demonstranten fordern weiter den Rücktritt des verhassten Staatschefs.

Bevor der Ausnahmezustand fällt, müsse die Sicherheitslage dies erlauben, hieß es im ägyptischen Fernsehen weiter. Darauf hätten sich Vizepräsident Omar Suleiman und Vertreter der Opposition bei ihren ersten Gesprächen verständigt. Suleiman hatte auch erstmals führende Mitglieder der Muslimbruderschaft empfangen.

Die Muslimbrüder hatten anfangs erklärt, sie stünden erst nach Mubaraks Rücktritt für einen Dialog zur Verfügung. Laut staatlichen Medien nahmen an dem Treffen auch unabhängige Persönlichkeiten wie der christliche Unternehmer Naguib Sawiris teil. Die Muslimbruderschaft erklärte später im TV-Sender Al-Dschasira, man könne bislang nicht von Verhandlungen sprechen. Sie wolle über ihr weiteres Vorgehen am Montag beraten.

Soldaten verstärken Präsenz

Demonstranten vor Panzern der Armee.

Demonstranten vor Panzern der Armee.

(Foto: dpa)

Das ägyptische Militär verstärkte indes seine Präsenz auf dem z. Soldaten positionierten sich unter anderem auf der nahe gelegenen Brücke des 6. Oktober, von der aus Anhänger von Staatschef Mubarak in der Wochenmitte regierungskritische Demonstranten angegriffen hatten. Mit Helmen und kugelsicheren Westen ausgerüstete Soldaten kontrollierten verstärkt die Zugänge zum Tahrir-Platz und erhöhten auch ihre Präsenz vor dem Ägyptischen Museum.

Das Alltagsleben normalisiert sich schrittweise. Der Geschäftsführer der Deutsch-Arabischen Handelskammer in Kairo, Rainer Herret, sagte, viele Unternehmen hätten die Produktion wieder aufgenommen. Am Sonntag, dem ersten Arbeitstag der islamischen Woche, öffneten erstmals wieder viele Banken. Vor Geldinstituten im Zentrum von Kairo bildeten sich lange Schlangen. Die Regierung verfügte zum Abheben eine Obergrenze von 50.000 ägyptischen Pfund (etwa 6300 Euro).

Die Proteste auf dem Tahrir-Platz gingen unterdessen weiter. Auch am Sonntag versammelten sich dort erneut rund 10.000 Menschen, die einen sofortigen Rücktritt des Präsidenten forderten.

Gesundheitscheck in Deutschland?

Auf der Suche nach einem würdevollen Abgang Mubaraks wird laut "New York Times" inzwischen folgende Variante erwogen: Der 82-Jährige kommt für einen verlängerten Gesundheitscheck nach Deutschland. Wie die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf Regierungskreise berichtete, ist man in Berlin bereit, Mubarak für den Fall einer notwendigen medizinischen Behandlung die Einreise zu ermöglichen.

Mubarak will nicht so schnell weichen.

Mubarak will nicht so schnell weichen.

(Foto: dpa)

Mubarak hatte sich wiederholt in der Uniklinik Heidelberg behandeln lassen. "Er kann - wie alle anderen Patienten auch - jederzeit kommen", sagte eine Kliniksprecherin. Konkrete Vorbereitungen auf einen Aufenthalt Mubaraks gebe es derzeit aber nicht. "Bislang liegt keine Anfrage der Bundesregierung oder des Auswärtigen Amtes vor", sagte die Sprecherin.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) wollte sich nicht zu den Berichten äußern: "An Spekulationen beteiligen wir uns als Mitglieder der Bundesregierung in so einer sensiblen und wichtigen Frage nicht", sagte er im ZDF.

USA machen Druck

Der ägyptische General Hassan al Rawini mit einer Demonstrantin.

Der ägyptische General Hassan al Rawini mit einer Demonstrantin.

(Foto: dpa)

Die USA drücken bei der Umsetzung demokratischer Reformen in Ägypten aufs Tempo. Nach Angaben des Weißen Hauses erkundigte sich US-Vizepräsident Joe Biden telefonisch bei seinem ägyptischen Kollegen Suleiman nach dem Fortschritt "glaubhafter und umfassender Verhandlungen" über einen Übergang Ägyptens zu einer demokratischen Regierung. Biden habe dabei betont, dass eine "konkrete Reformagenda und ein klarer Zeitplan" nötig seien, um der Öffentlichkeit und der Opposition zu zeigen, dass sich die Regierung in Kairo zu Reformen bekenne.

Barak: Keine direkte Gefahr für Israel

Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak bewertet die Unruhen in Ägypten aktuell nicht als unmittelbare Gefahr für sein Land. Barak sagte israelischen Medienberichten zufolge, das Militär im Nachbarland sei der wichtigste stabilisierende Faktor. Ägypten sei weiterhin "ein wichtiger Nachbar und der Frieden mit ihm ein hohes Gut", sagte Barak nach Angaben der israelischen Nachrichtenseite "ynet".

Auch in Saudi-Arabien, wo es keine Parlamentswahlen gibt und wo Demonstrationen generell verboten sind, nahmen am Wochenende die Diskussionen über den ägyptischen Aufstand zu. Viele Saudis kritisierten, dass der sunnitische Klerus des Landes die Demonstrationen bislang als vom Ausland gesteuerte Chaoten-Aktion gegen den Islam darstellt.

Quelle: ntv.de, dsi/dpa/AFP/rts

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