Politik

Nicaragua statt Eritrea Diese Länder stehen trotz Ukraine-Krieg zu Russland

imago0096024067h.jpg

Syriens Machthaber Baschar al-Assad ist einer der letzten verbliebenen Freunde von Wladimir Putin auf der Weltbühne.

(Foto: imago images/ITAR-TASS)

Nur fünf Länder stimmen bei den Vereinten Nationen dagegen, Russland für die völkerrechtswidrigen Annexionen in der Ukraine zu verurteilen. Sie alle eint die Ablehnung von Demokratie und Menschenrechten und sie gehören zu den isoliertesten Staaten der Welt. Und das ist auch Russlands neue Realität.

Belarus, Nordkorea, Syrien und Nicaragua - das sind Russlands beste Freunde. Zumindest, wenn man sich das Ergebnis der UN-Resolution zu Russlands Annexionen in der Ukraine anschaut. Diese vier Diktaturen haben - neben Russland selbst - dagegen gestimmt, die Einverleibungen von Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson zu verurteilen. 143 Staaten stimmten für die Resolution, 35 enthielten sich, 10 Länder haben nicht an der Abstimmung teilgenommen.

Die Resolution hat völkerrechtlich keine Bedeutung, dafür aber hohen symbolischen Wert. Das Ergebnis zeigt, wie isoliert Russland in der Weltgemeinschaft ist. Selbst ehemals wichtige Partner wie China oder Indien haben sich enthalten und rücken immer mehr von Moskau ab, sagt Carlo Masala von der Bundeswehr-Universität München im "Stern"-Podcast "Ukraine - die Lage". Immer mehr Staaten seien von den Auswirkungen des Krieges betroffen. China und Indien seien "extrem besorgt mit Blick auf die nukleare Frage".

Wegen der Nukleardrohungen würden wichtige Verbündete verprellt, so Masala. "Gleichzeitig sind diejenigen, die darauf gehofft haben, dass die Russische Föderation den Krieg relativ schnell gewinnt, extrem enttäuscht über den Kriegsverlauf. Sie sehen Russlands Probleme." Dadurch werde Russland immer mehr zu einem "internationalen Pariastaat, mit dem keiner mehr spielen will", erklärt der Militärexperte das Abrücken einiger Staaten.

Assad-Unterstützung im Bürgerkrieg

An Russlands Seite stehen mittlerweile nur noch Länder, die es mit Demokratie und Menschenrechten nicht so eng sehen. Zum Beispiel Belarus, Moskaus engster Verbündeter. Diktator Alexander Lukaschenko hat den Russen erlaubt, auch von Belarus aus die Ukraine anzugreifen. Zuletzt hat Lukaschenko mit Putin zudem einen Militärpakt geschlossen. Dieser sieht vor, dass beide Länder gemeinsame Truppen bilden und entsenden können. Zwar glauben Experten nicht, dass Belarus tatsächlich eigene Soldaten in die Ukraine schickt, der Deal zeigt aber, wie eng beide Länder verbandelt sind. Belarus ist wirtschaftlich und politisch komplett von Russland abhängig.

Enger Verbündeter Russlands ist auch Syrien. Moskaus Truppen haben Diktator Baschar al-Assad in den vergangenen Jahren geholfen, an der Macht zu bleiben. Putin unterstützt Assad im Bürgerkrieg, ließ ganze Städte zerbomben. Mittlerweile kontrollieren Assads Truppen wieder etwa zwei Drittel Syriens - auch wegen der Hilfe aus Russland.

Ein Land, das sich mit Isolation bestens auskennt, ist Nordkorea. Russland ist eines der wenigen Länder, das zum Kim-Regime freundschaftliche Beziehungen hat. Beide Staaten haben sogar eine 17 Kilometer lange gemeinsame Grenze. Auch hier dürfte die wirtschaftliche Abhängigkeit Nordkoreas der Grund sein für die Kreml-Stimme bei den Vereinten Nationen.

Russische Soldaten in Nicaragua

Vor allem militärische Beziehungen gibt es zwischen Russland und Nicaragua. Moskau hat Soldaten in dem mittelamerikanischen Land stationiert, es gibt gemeinsame Militärübungen mit Nicaraguas Armee. Und Diktator Daniel Ortega hat im Sommer sogar ein Dekret unterschrieben, dass es den Russen erlaubt, noch mehr Truppen zu schicken. Mit seinem Votum für Russland unterstreicht Nicaragua seine Nähe zum Kreml.

Die guten Beziehungen zwischen beiden Ländern gehen bis in die 1980er-Jahre zurück. Damals hatten Rebellen einen Guerillakrieg gegen die linke Regierung Nicaraguas geführt. Nicaragua bekam von der Sowjetunion Waffen und Munition, um die Rebellen niederzuschlagen. Den guten Kontakt zu Moskau hat das Regime bis heute gehalten.

Doch Nicaragua ist eine Ausnahme. Dass nur vier Staaten an der Seite Russlands stimmen, sei ein desaströses Ergebnis, analysiert ntv-Russland-Korrespondent Rainer Munz. "Dieses Ergebnis lässt sich nicht mehr schönreden. Die Zahlen sind eindeutig. Das wird auch hier in Russland jeder verstehen."

"Nordkorea Afrikas" rückt (etwas) ab

Anfang März hatten die Vereinten Nationen schon einmal ein klares Votum gegen Russland abgegeben. Damals wurde darüber gestimmt, ob Russlands Angriff auf die Ukraine zu verurteilen ist und der Kreml aufgefordert werden sollte, die Ukraine zu verlassen. Das Ergebnis fiel fast genauso aus, wie das jetzt im Oktober. Neben Russland selbst haben auch Belarus, Syrien und Nordkorea gegen die Resolution gestimmt - und Eritrea.

Eritrea wird teils auch als das "Nordkorea Afrikas" genannt, weil es stark isoliert ist. Das Land kämpft mit westlichen Sanktionen und sucht deshalb schon lange eine Zusammenarbeit mit Russland. Für den Kreml ist Eritrea wegen seiner Lage am Roten Meer strategisch interessant.

Doch bei der Resolution zu den Annexionen hat sich Eritrea enthalten - anders als Nicaragua, das sich im März enthalten und jetzt dann doch eindeutig an Russlands Seite gestellt hat.

Ansonsten gibt es kaum Unterschiede beim Abstimmungsverhalten der einzelnen Staaten im Vergleich zur Resolution im März. Bangladesch und die afrikanischen Länder Angola, Guinea-Bissau, Madagaskar, Marokko, Senegal hatten sich damals enthalten oder gar nicht abgestimmt, diesmal Russland aber verurteilt. Dschibuti, Lesotho, Sao Tomé und Príncipe, Honduras sowie Thailand votierten im März noch gegen Russland, haben sich in der Annexions-Frage jedoch enthalten oder keine Stimme abgegeben.

"Russland nicht den letzten Schreck geben"

Bedeutsamer ist für Russland, aber dass sich China und Indien beide Male enthalten haben. Zu beiden Staaten pflegt Moskau enge Beziehungen. Peking und Neu-Delhi wollen aber offenbar ihre Wirtschaftsbeziehungen mit dem Westen nicht gefährden. Dem Druck, vor allem der USA, können sich China und Indien nicht entziehen.

Russland behauptet trotz allem seit Monaten, dass man international beste Beziehungen habe und nicht isoliert sei. Mit dem Ergebnis der UN-Resolution sei dieses Argument aber endgültig widerlegt worden, sagt Politikwissenschaftler Thomas Jäger bei ntv. "Dass sich China und Indien enthalten haben, hat mit bestimmten Aspekten dieser Resolution und mit einer generellen Politik der Balance zu tun. Man will Russland jetzt nicht auch noch den letzten Schreck geben."

Entscheidender sei die Frage, ob China und Indien westliche Sanktionen gegen Russland weiter beachten oder unterlaufen, findet Jäger. "Wir müssen schauen, ob Indien in nächster Zeit weiterhin in intensivem Maß rabattiertes russisches Öl kauft oder bei der jetzt anstehenden Initiative, einen Ölpreisdeckel einzuführen, mit von der Partie ist."

Russland hat es bisher jedenfalls nicht geschafft, China und Indien in der Ukraine-Frage an seine Seite zu ziehen. Das hat auch vor acht Jahren nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim nicht geklappt, 2014. Auch damals enthielten sich beide Staaten bei den Vereinten Nationen. Insgesamt fiel das Ergebnis aber viel niedriger aus als jetzt. Damals enthielten sich 58 Länder und 11 stimmten gegen die "territoriale Integrität der Ukraine". Russlands Freundeskreis ist also deutlich geschrumpft.

Wo finde ich "Wieder was gelernt"?

Alle Folgen von "Wieder was gelernt" können Sie in der ntv-App hören und überall, wo es Podcasts gibt: RTL+ Musik , Amazon Music, Apple Podcasts, Google Podcasts und Spotify. Mit dem RSS-Feed auch in anderen Apps.

(Dieser Artikel wurde am Samstag, 15. Oktober 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de

ntv.de Dienste
Software
Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen