Gabriel am Nil Ist Al-Sisi wirklich "beeindruckend"?
18.04.2016, 10:53 Uhr
"Ägypten hat sich den Weg vorgenommen, das Land Schritt für Schritt zu demokratisieren. Und dabei wollen wir Deutschen die Partner sein. Ich finde, Sie haben einen beeindruckenden Präsidenten", sagte Sigmar Gabriel in Kairo.
(Foto: dpa)
Bei einem Besuch in Kairo lobt Wirtschaftsminister Gabriel den ägyptischen Präsidenten. Liegt es an den Geschäften, die Deutschland am Nil machen will, an der Angst vor Instabilität oder an dem Druckmittel, das Al-Sisi hat?
"Sie haben einen beeindruckenden Präsidenten!" Ein Satz der nachhallt. Gesprochen vom deutschen Vizekanzler Sigmar Gabriel in einer Pressekonferenz vor deutschen und ägyptischen Journalisten in Kairo. Gemeint ist der Präsident des Landes, Abdel Fattah al-Sisi. Der Kritiker verhaften lässt, Folter akzeptiert, sich um Menschenrechte wenig schert.
Tausende Ägypter demonstrieren gegen ihren Präsidenten, Zehntausende Regimegegner sitzen in Haft. Gabriel weiß das. Es hat die Situation der und Menschenrechte auch angesprochen. Die Antwort von Al-Sisi war, das müsse so sein, der Sicherheit wegen.
Gabriel lehnt die Menschenrechtsverletzungen ab, er setzte sich bei seinem Besuch für die Freilassung von Dissidenten ein, aber er akzeptiert das Argument: Sicherheit. Denn auch Deutschland und die EU wollen ja Sicherheit in der Region. Wobei dabei eher der Kampf gegen den Terror gemeint ist und nicht der Kampf gegen Regimegegner. Aber Hauptsache, die Region ist stabil - Ägypten mit seiner langen Grenze zu Libyen und dem unruhigen Sinai spielt eine wichtige Rolle.
Andere Staaten sind da konsequenter. Italien hat seinen Botschafter abgezogen, nachdem ein italienischer Wissenschaftler aus ungeklärten Umständen nach Folter zu Tode gekommen ist. Auch ein großer Teil der Bevölkerung ist wenig beeindruckt. Am letzten Freitag sind Tausende in Kairo gegen Al-Sisi auf die Straße gegangen.
Ist Al-Sisi also wirklich "beeindruckend"? Wohl eher die Zahl von politischen Gefangenen, die unter dem jetzigen Präsidenten höher sein soll als zu Zeiten von Ex-Präsident Husni Mubarak. Der sei, so ägyptische Menschenrechtsorganisationen, zwar ein schlimmer Diktator gewesen, aber berechenbarer als Al-Sisi. Von ihm wisse man nicht genau, ob er den Staat, und das heißt: Polizei und Militär, wirklich noch komplett im Griff hat. An Wirtschaftskontakten mit Deutschland hat der Präsident großes Interesse, an Investitionen - auch an finanzieller Unterstützung. Ein Druckmittel hat er auch. Ganz offen spricht er davon, gibt es keine Unterstützung für Ägypten, könnten schnell bis zu fünf Millionen Flüchtlinge nach Europa kommen.
Quelle: ntv.de