Politik

Darüber streiten Union und SPD am heftigsten Jetzt wird's schmutzig

Bleibt es so harmonisch? In den letzten Tagen der Koalitionsverhandlungen droht Zoff.

Bleibt es so harmonisch? In den letzten Tagen der Koalitionsverhandlungen droht Zoff.

(Foto: picture alliance / dpa)

Zwei Monate nach der Wahl wollen Union und SPD die Koalitionsverhandlungen abschließen. Doch vorher gibt es noch viel zu klären. Denn bei den wichtigsten Themen ist man sich immer noch nicht einig. Wie gut, dass es die "Nacht der langen Messer" gibt.

Das Instrument der Drohung beherrscht Alexander Dobrindt wie kaum ein anderer. "Wir sind mitten in der zweiten Halbzeit der Koalitionsverhandlungen. Vielleicht müssen wir sogar in die Verlängerung", sagte der CSU-Generalsekretär der "Bild"-Zeitung. Doch Andrea Nahles, Dobrindts Gegenpart von der SPD, widersprach umgehend. Es werde keine Verlängerung geben, dafür sei "kein Spielraum".

Ob mit oder ohne Nachspielzeit: Union und SPD werden wohl einen neuen Rekord aufstellen. 1976 hatten SPD und FDP immerhin 50 Tage gebraucht, um sich auf die Eckpfeiler für ein Bündnis zu verständigen. Zwischen Wahlabend und Vereidigung vergingen 73 Tage. Auch diesmal zieht sich das Ende der Verhandlungen noch lange hin. Das liegt auch am Mitgliedervotum der SPD, dass erst Mitte Dezember abgeschlossen ist.

Die neue Bundesregierung würde ihre Arbeit wohl erst im neuen Jahr und damit über 100 Tage nach der Wahl aufnehmen. Die dritte Große Koalition in der Geschichte der Bundesrepublik ist eine schwere Geburt. Eigentlich wollten Union und SPD an diesem Mittwoch abschließen. Aber in vielen Punkten konnten sich die Unterhändler der Arbeitsgruppen bisher nicht einigen. Dies sind die strittigsten Themen zwischen den drei Parteien:

Mindestlohn: Bei seinem Auftritt bei der IG Metall in Frankfurt versprach SPD-Chef Sigmar Gabriel am Wochenende erneut: "Natürlich wird es keinen Koalitionsvertrag ohne einen gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 geben." Auch Kanzlerin Angela Merkel erklärte zuletzt beim CSU-Parteitag, beim Mindestlohn werde nicht das rauskommen, "was bei uns im Regierungsprogramm stand". Dass die Sozialdemokraten sich in diesem Punkt am Ende zu 100 Prozent durchsetzen, ist allerdings trotzdem unsicher. Zunächst soll eine Kommission über die staatlich verordnete Gehaltsuntergrenze beraten. Einig ist man sich bisher nur über deren Besetzung. In wichtigen Details wie zum Beispiel die Höhe und der Startpunkt eines Mindestlohns liegen die Parteien noch auseinander.

Doppelpass: Auch beim Thema doppelte Staatsbürgerschaft sind sich SPD und Union uneins. Die Genossen fordern die Einführung des Doppelpasses und eine Abschaffung der Optionspflicht, wonach sich der Betroffene bis zum 23. Geburtstag für eine Nationalität entscheiden muss. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe spricht zwar von denkbaren "Erleichterungen" für junge Zuwanderer. Die Optionspflicht will die Union aber nicht abschaffen, sondern nur modifizieren, etwa durch eine Verlängerung bis zum 30. Lebensjahr.

Mütterrente: Mit ihrer Forderung nach einer Mütterrente haben sich CDU und CSU durchgesetzt. Für Frauen, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, soll die Erziehungsleistung mit einem zusätzlichen Entgeltpunkt in der Alterssicherung berücksichtigt werden. Kostenpunkt: etwa 6,5 Milliarden Euro. Doch wie dies finanziert werden soll, ist noch unklar. Die SPD will Steuermittel verwenden, die Union Geld aus der Rentenkasse.

Pkw-Maut: Die CSU will eine Pkw-Maut für Ausländer, SPD und CDU waren bisher dagegen. So hatte sich Angela Merkel auch im TV-Duell mit Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gegen eine Pkw-Maut ausgesprochen. Doch beim CSU-Parteitag gab die Kanzlerin am vergangenen Freitag zumindest ihre eingeschränkte Zustimmung. Man werde an einer europarechtlich konformen Lösung arbeiten, ohne dass deutsche Autofahrer stärker belastet würden, so Merkel. Die Sozialdemokraten sträuben sich weiterhin gegen die Maut. "Das Wort Pkw-Maut wird möglicherweise im Koalitionsvertrag auftauchen, aber ich schließe aus, dass die Maut kommt", sagte Bayerns SPD-Chef Florian Pronold.

Abschlagsfreie Rente mit 63: Menschen sollen im Alter von 63 Jahren nach 45 Beitragsjahren abschlagsfrei in Rente gehen können - das wollen jedenfalls die Genossen. Der Wirtschaftsflügel der Union lehnt eine Rücknahme der Rente mit 67 jedoch ab.

Und damit noch nicht genug: Auch bei den Themen Vorratsdatenspeicherung, Gleichstellung der Homo-Ehe und den Ausbauzielen für erneuerbare Energien gibt es noch Gesprächsbedarf bei den Koalitionären in spe. Viel hängt außerdem von der so genannten "F-Liste" ab, auf der jede finanzwirksame Maßnahme aufgeführt ist. Alle Pläne der Parteien zusammengenommen kosten knapp 50 Milliarden. Doch der Spielraum beträgt nur 15 Milliarden.

Nicht umsonst gilt die für diesen Dienstag geplante und voraussichtlich letzte große Runde der Verhandlungen auch als "Nacht der langen Messer". Während es inhaltlich noch viele Lücken gibt, ist aber zumindest personell wohl fast alles geklärt. Die Verteilung der Ministerposten soll ebenfalls am Mittwoch vorgelegt werden. CDU und SPD sollen jeweils sechs, die CSU drei Ministerien erhalten.

Quelle: ntv.de

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