Politik

Erdogan erstattet Anzeige Journalisten wegen Spionage verhaftet

Der Chefredakteur der Zeitung "Cumhüriyet", Can Dündar (M). protestierte im Oktober in Istanbul für Pressefreiheit.

Der Chefredakteur der Zeitung "Cumhüriyet", Can Dündar (M). protestierte im Oktober in Istanbul für Pressefreiheit.

(Foto: REUTERS)

Zwei bekannte türkische Journalisten müssen ins Gefängnis. Es geht um Berichte über angebliche Waffenlieferungen an IS-Kämpfer nach Syrien. Präsident Erdogan wirft ihnen unter anderem Spionage vor. Die Entscheidung kommt kurz vor dem EU-Gipfel mit der Türkei.

Kurz vor dem EU-Sondergipfel mit der Türkei zur Flüchtlingskrise muss der Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet" ins Gefängnis. Gegen "Cumhuriyet"-Chef Can Dündar und den Hauptstadtkorrespondenten der Zeitung, Erdem Gül, sei am Donnerstag Haftbefehl erlassen worden, berichtete die Nachrichtenagentur DHA. Ihnen werde Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Spionage vorgeworfen. Die Zeitung ist auf striktem Oppositionskurs zur islamisch-konservativen Regierung unter Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Hintergrund ist ein von Dündar und Gül verfasster Bericht über angebliche Waffenlieferungen von der Türkei an Extremisten in Syrien. "Cumhuriyet" hatte im Sommer Fotos veröffentlicht von der Durchsuchung eines angeblich für die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien bestimmten Waffenkonvois des türkischen Geheimdienstes MIT im Januar 2014.

Kritiker warfen der türkischen Regierung damals vor, nicht entschieden genug gegen die Dschihadisten vorzugehen oder diese sogar im Kampf gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad mit Waffen zu unterstützen. Die Behörden hatten eine Nachrichtensperre über den Fall verhängt. Die türkische Staatsanwaltschaft leitete daraufhin Ermittlungen ein. Der türkische Staatspräsident hatte persönlich Anzeige gestellt.

Nach der Veröffentlichung des Berichts wurden Ende Oktober die Büros von "Cumhüriyet" in Istanbul und Ankara durchsucht. Erdogan wies den Bericht des Blattes entschieden zurück und kündigte an, Dündar werde "einen hohen Preis zahlen". Der Chefredakteur sagte vor Beginn der Gerichtsverhandlung in Istanbul, das Vorgehen der Justiz sei für ihn und seinen Kollegen eine "Ehrenmedaille".

Als Medium des Jahres ausgezeichnet

Die Journalisten Dündar und Gül mussten am Donnerstagabend vor Gericht aussagen, woraufhin Haftbefehl erlassen wurde. Der Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu schrieb in einer ersten Reaktion auf Twitter: "Wenn nicht diejenigen, die eine Straftat begangen haben, sondern diejenigen, die über die Tat berichten, verhaftet werden, soll niemand sagen: "In der Türkei ist die Presse frei und die Justiz unabhängig und unparteiisch".

"Cumhüriyet" wurde vergangene Woche von der Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen als Medium des Jahres ausgezeichnet. Dündar und Gül würden aus "politischen Gründen verfolgt", erklärte die Organisation. Dies sei ein weiterer Beleg für das Bestreben der türkischen Staatsführung, "den unabhängigen Journalismus auszulöschen". Der Regierung in Ankara werden seit Jahren immer wieder Angriffe auf die Pressefreiheit vorgeworfen.

Der Haftbefehl kommt nur wenige Tage vor dem EU-Gipfel mit der Türkei in Brüssel. Die EU-Staaten wollen am Sonntag mit Ankara einen Aktionsplan zur verstärkten Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise beschließen. Im Gegenzug hatte die EU der Türkei unter anderem eine Beschleunigung des Beitrittsprozesses in Aussicht gestellt. Der türkische Europa-Minister Volkan Bozkir sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu, Mitte Dezember solle mit Verhandlungen über den Bereich Wirtschaft und Finanzen begonnen werden.

Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP

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