Trotz Verfassungsklage Katalanen wollen doch abstimmen
03.10.2014, 12:51 Uhr
Für die Unabhängigkeit geben manche Katalanen das letzte Hemd.
(Foto: picture alliance / dpa)
Mit einer Verfassungsklage stoppt die spanische Regierung das Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens. Dachte man. Doch die Katalanen machen einfach weiter - eine Verfassungskrise droht.
Die katalanische Regierung setzt sich über eine Entscheidung des Verfassungsgerichts in Madrid hinweg und treibt ihre Pläne für ein Unabhängigkeitsreferedum voran. Regionalpräsident Artur Mas verfügte per Dekret die Gründung einer Wahlkommission, die das von der Zentralregierung abgelehnte Referendum organisieren soll, wie ein Sprecher von Mas in Barcelona sagte. Das Dekret sollte mit seiner Veröffentlichung im Amtsblatt noch im Laufe des Tages in Kraft treten.
Mit dem Dekret übergeht Barcelona eine Entscheidung des spanischen Verfassungsgerichts, das die für den 9. November geplante Abstimmung auf Betreiben Madrids am Montag vorerst gestoppt hatte. Spaniens konservative Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy betrachtet die geplante Volksbefragung über eine Unabhängigkeit der verhältnismäßig wohlhabenden Region des krisengebeutelten Landes als verfassungswidrig. Es wird erwartet, dass das Verfassungsgericht letztlich derselben Auffassung ist und das Referendum verwirft. Das Gericht hat fünf Monate Zeit für eine Entscheidung.
Dekret trotz Verfassungsklage
Dem Gerichtsbeschluss folgend stoppte Barcelona am Dienstag die offizielle Kampagne für eine Unabhängigkeit und schien sich damit an die Anweisung aus Madrid zu halten. Diesem Eindruck widerspricht das am Donnerstag verfügte Dekret. Noch im Laufe des Freitags wollte Mas mit Vertretern jener Parteien zusammenkommen, die sich im katalanischen Parlament für das Referendum aussprechen. So will der linke Flügel die Befragung auch bei einem Verbot durch Madrid abhalten. Sollte dies tatsächlich passieren, steuerte Spanien auf eine in seiner jüngeren Geschichte beispiellose Verfassungskrise zu.
Bei stürmischen Regenwetter hatten am Dienstag in Barcelona tausende Katalanen gegen den vorläufigen Stopp eines Referendums zur Abspaltung von Spanien protestiert. "Wir werden abstimmen", skandierten die Teilnehmer der Kundgebung auf dem Sant-Jaume-Platz in der Hauptstadt Kataloniens. Auf dem Platz vor dem Rathaus und dem Sitz der Regionalregierung wogte ein Meer aus katalanischen Flaggen und Regenschirmen.
Auch auf den Kanaren brodelt es
Die Regionalregierung der Kanaren plant ebenfalls ein Referendum gegen den Willen Madrids. Sie will die Bewohner der spanischen Inselgruppe über eine umstrittene Erdölsuche im Atlantik abstimmen lassen. Wie Regierungschef Paulino Rivero am Donnerstag in Santa Cruz de Tenerife mitteilte, soll die Abstimmung am 23. November stattfinden. Die spanische Zentralregierung in Madrid hatte dem Mineralölkonzern Repsol im August die Erlaubnis erteilt, ab sofort in dem Seegebiet zwischen den Kanaren und der marokkanischen Küste Probebohrungen vorzunehmen.
Die kanarische Regierung und internationale Umweltschutzorganisationen protestierten gegen die Entscheidung Madrids. Spaniens Industrieminister José Manuel Soria warnte die Kanaren davor, ein illegales Referendum abzuhalten. Madrid werde darauf entsprechend reagieren.
Quelle: ntv.de, vpe/dpa/AFP