Politik

LKA will Salafisten verstehen Kenne deinen Feind

Ein Eagle-Panzerfahrzeug (vorne rechts) im Feldlager Kundus.

Ein Eagle-Panzerfahrzeug (vorne rechts) im Feldlager Kundus.

(Foto: picture alliance / dpa)

Auf dem Europäischen Polizeikongress diskutieren Entscheider aus Politik und Polizeibehörden über die richtige Antwort auf islamistischen Terror. Während ein Kriminaler aus Rheinland-Pfalz an die Wurzeln des Problems will, möchte die CSU den Hindukusch nach Deutschland holen.

Leises Schnarchen von links und von rechts: In nicht einmal einer halben Stunde hat einer der ersten Redner des Europäischen Polizeikongresses die Hälfte seiner Zuhörer mit bereits bekannten Fakten zur Salafismusgefahr in Deutschland in den Schlaf gemurmelt. Eigentlich sollte es ja um die Lektionen gehen, die die Polizeibehörden aus den Attentaten von Paris gelernt haben. Der Erkenntnisgewinn bis jetzt ist allerdings gleich null. Die ersten Zuhörer schälen sich aus ihren Sitzen und flüchten aus der traurigen Veranstaltung. Viel zu früh, wie sich nur wenige Minuten später herausstellt, denn sie verpassen Marwan Abou-Taam.

"Wir leiden an einer Krankheit und behandeln lediglich die Symptome. Wenn wir so weitermachen, werden wir letztendlich daran sterben", leitet Abou-Taam seine Rede angemessen dramatisch ein. Köpfe rucken hoch, ein leises Raunen geht durch die knapp 200 Besucher. Viele von ihnen sind in Uniform gekommen und so deutliche Worte wohl nicht gewohnt. Denn Abou-Taam ist nicht irgendjemand, der von außen den Ermittlungsansatz deutscher Behörden im Umgang mit islamistischem Terrorismus kritisiert, sondern spricht im Namen des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz.

"Verwaltung der Barbarei"

Was der Islamwissenschaftler sagt, wirft kein gutes Licht auf die Bemühungen der Polizei: Zu ungelenk die Beamten, zu wenig interessiert an den wirklichen Wurzeln des Problems. Anders als länger etablierte Terrororganisationen wie Al-Kaida liege dem IS eine komplett andere Ideologie zugrunde, sagt Abou-Taam: "Isis ist apokalyptisch angelegt." Nachzulesen sei das in einem öffentlich zugänglichen Leitfaden der Terrororganisation mit dem bezeichnenden Namen "Verwaltung der Barbarei".

Neben dem Entzug des Personalausweises, der Islamisten an der Ausreise in Kampfgebiete hindern soll, und ähnlichen von Abou-Taam unter dem Begriff "Symptombehandlung" zusammengefassten Maßnahmen, seien unterschiedliche Wertigkeiten eines "guten" und "bösen" Salafismus ein Teil des Grundproblems. Der Mann vom Landeskriminalamt nennt dabei ganz konkret den Umgang der Bundesregierung mit Saudi-Arabien: "Der staatgewordene Salafismus ist im Ausland unser Freund", während Salafismus im Inneren als eine der Topgefahren für die Staatssicherheit angesehen werde. Erst eine Begradigung dieser verzerrten Perspektive und ein Verständnis in der Tiefe würde eine effiziente Terrorprävention erlauben, könnte das nicht gezogene Fazit lauten.

Damit, das Problem zu verstehen, will sich der nächste Redner lieber nicht allzu lange aufhalten. Stephan Mayer schätzt geradlinige Lösungen. Für die dräuende Terrorgefahr hat der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion des Bundestags gleich mehrere parat: Ein Ja zur Vorratsdatenspeicherung gehört ohnehin fast schon zum guten Ton - auch wenn der CSU-Mann dabei gegen sich selbst argumentiert, als er erwähnt, dass selbige die Attentate von Paris auch nicht verhindern konnte.

Spannender ist Mayers zweite Forderung: "Es gibt konkrete Pläne, Eagle-IV-Fahrzeuge aus dem Afghanistan-Einsatz wiederzuverwenden." Panzerfahrzeuge für die Bundespolizei? "Die Trennung zwischen innerer und äußerer Sicherheit existiert nicht mehr", hat Abou-Taam zwar noch wenige Minuten vorher gesagt - aber so, wie der LKA-Mann bei Mayers Vorstoß die Augen verdreht, hat er das dann wohl doch ein bisschen anders gemeint.

Quelle: ntv.de

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