Politik

Ukraine-Krise Kiew tauscht Gefangene mit Rebellen aus

Das russische Staatsfernsehen zeigte Bilder von ukrainischen Gefangenen, die in Donezk Busse bestiegen und zu einem Ort im Norden der Stadt gefahren wurden.

Das russische Staatsfernsehen zeigte Bilder von ukrainischen Gefangenen, die in Donezk Busse bestiegen und zu einem Ort im Norden der Stadt gefahren wurden.

(Foto: REUTERS)

Nach den geplatzten Friedensverhandlungen um die Ost-Ukraine funktioniert zumindest der vereinbarte Gefangenenaustausch. Auf einer verlassenen Straße nahe Donezk werden die Männer freigelassen. Derweil geht das Muskelspiel zwischen Putin und dem Westen weiter.

Die prorussischen Kämpfer in der Ostukraine und Vertreter der Regierung in Kiew haben mit einem umfangreichen Gefangenenaustausch begonnen. Auf einer verlassenen, dunklen Straße nördlich der Rebellenhochburg Donezk begannen die Konfliktparteien mit der Freilassung von insgesamt knapp 370 Häftlingen, darunter 146 ukrainische Soldaten. Auf den Austausch hatten sich beide Seiten bei den jüngsten Friedensgesprächen geeinigt - es war aber das einzige Ergebnis der Verhandlungen.

Das ukrainische Militär und prorussische Rebellen ließen mehrere hundert Personen frei.

Das ukrainische Militär und prorussische Rebellen ließen mehrere hundert Personen frei.

(Foto: REUTERS)

Nur mit Autoscheinwerfern wurde die Straße beleuchtet, auf der der Austausch im Beisein von Vertretern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) stattfand. Ein AFP-Reporter berichtete, dass zunächst Zehnergruppen von prorussischen Kämpfern und ukrainischen Soldaten ausgetauscht wurden. Allesamt trugen Zivilkleidung und hielten große Taschen mit ihren Habseligkeiten in den Händen. Später dann wurden die Häftlinge in längeren Reihen einander gegenüber aufgestellt.

"Ich bin glücklich, dass ich nach Hause zurückkehren und meine Eltern und meine Frau sehen kann", sagte der 28-jährige Soldat Artjom Sjurik. "Sie wissen noch gar nicht, dass ich frei bin." Einer der Rebellen, Denis Balbukow, wartete in einem Lastwagen auf seine Rückkehr nach Donezk. Er wolle zu Hause einfach nur etwas Gutes essen und mit seinen Verwandten plaudern, sagte der 21-Jährige. Er zeigte sich aber entschlossen, "in den Kampf zurückzugehen".

Nato spielt den Ball zum Kreml zurück

Derweil wies die Nato nach der Überarbeitung der russischen Militärdoktrin darauf hin, dass sie sich nicht als Bedrohung sieht. "Die Nato stellt weder für Russland noch für irgendeine andere Nation eine Gefahr dar", kommentierte Sprecherin Oana Lungescu. Alle Maßnahmen, die zum Schutz der Bündnispartner ergriffen würden, seien klar defensiver Natur, angemessen und vereinbar mit internationalem Recht. "Es ist vielmehr Russlands Handeln, das Völkerrecht bricht und die Sicherheit Europas infragestellt", so Lungescu. Dies gelte auch für das aktuelle russische Handeln in der Ukraine.

Nach Angaben der Sprecherin wird die Nato allerdings weiter versuchen, eine konstruktive Beziehung zu Moskau aufrechtzuerhalten. Dies sei allerdings nur möglich, wenn die Regierung dort das Völkerrecht und internationale Grundsätze einhalte.

Die Atommacht Russland hat angesichts der Spannungen mit dem Westen ihre Militärdoktrin über außenpolitische Gefahren und den Einsatz von Streitkräften neugefasst. Damit stuft das Riesenreich jetzt den Konflikt in der Ukraine und die Nato-Osterweiterung als Gefahr für seine eigene Sicherheit ein.

Während die Ukraine nicht ausdrücklich als Land namentlich erwähnt ist in der Doktrin, ist die Militärstrategie der USA unter der Bezeichnung "Prompt Global Strike" zum ersten Mal als konkrete äußere Bedrohung in dem Dokument über den Einsatz russischer Streitkräfte erwähnt. An dem grundlegenden Verteidigungscharakter der Doktrin ändert sich nach den Worten von Kremlchef Wladimir Putin nichts. Der Präsident bestätigte die Doktrin am Freitag in Moskau bei einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrates.

Friedensverhandlungen gescheitert

Der Gefangenenaustausch fand nahe der Ortschaft Kostjantyniwka statt und wurde von bewaffneten Truppen überwacht. Die Freilassungen waren bei den Friedensgesprächen in Minsk vereinbart worden. Nach viermonatiger Pause hatten sich Vertreter der ukrainischen Regierung und der prorussischen Separatisten am Mittwoch erstmals wieder im Beisein der OSZE und einer russischen Delegation zu direkten Gesprächen in der weißrussischen Hauptstadt getroffen.

Der Austausch blieb aber das einzige Ergebnis der Gespräche: Die schon im September beschlossene Einrichtung einer 30 Kilometer breiten Pufferzone rückte kein Stück näher. Offen blieb auch, ob und wann Kiew die im November gekappten Sozialleistungen für die Bewohner der Rebellengebiete wieder überweisen würde. Die für Freitag geplante Fortsetzung der Gespräche wurde abgesagt.

Moskau kritisiert Nato-Kurs

Putin hatte zuletzt mehrfach betont, dass Russland kein "Aggressor" sei. Ein atomarer Präventivschlag ist auch in dieser Fassung nicht vorgesehen, wie Kommentatoren in Moskau hervorhoben. Der russische Außenminister Sergej Lawrow und andere führende Politiker in Moskau warnen seit Tagen davor, dass der Nato-Kurs der Ukraine die europäische Sicherheitsarchitektur ins Wanken bringe.

Russland wendet sich in der schweren Krise mit dem Westen seit Ende des Kalten Krieges zunehmend von der EU und den USA ab. Der Westen hat das Land wegen seiner umstrittenen Ukraine-Politik und der Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim mit Sanktionen belegt.

Quelle: ntv.de, dsi/dpa/AFP

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