Neue Militärdoktrin veröffentlicht Russland sieht Nato als grundlegende Gefahr
26.12.2014, 18:43 Uhr
Wladimir Putin (M.) bei der Sitzung des nationalen Sicherheitsrates.
(Foto: REUTERS)
Nach vier Jahren Gültigkeit legt Russland eine neue Militärdoktrin vor. Demnach stuft Moskau das Handeln der Nato weiterhin als fundamentale Bedrohung ein. Das Militärbündnis habe seine militärischen Kräfte an den Grenzen verstärkt.
Die Atommacht Russland hat angesichts der Spannungen mit dem Westen ihre Militärdoktrin über außenpolitische Gefahren und den Einsatz von Streitkräften neugefasst. Damit stuft das Riesenreich jetzt den Konflikt in der Ukraine und die Nato-Osterweiterung als Gefahr für seine eigene Sicherheit ein. Das Nordatlantische Bündnis habe seine "Angriffskapazitäten" an den Grenzen zu Russland verstärkt und installiere ein "weltumspannendes System der Raketenabwehr", heißt es in der Doktrin.
Der nationale Sicherheitsrat veröffentlichte auf seiner Internetseite eine Mitteilung zu den Änderungen mit einem Kommentar, der die Ukraine als Gefahr für Russland bezeichnet. Darin heißt es außerdem, die überarbeitete Doktrin sei eine Reaktion auf die Lage im Norden Afrikas, in Syrien, im Irak und in Afghanistan. Die Militärstrategie der USA unter der Bezeichnung "Prompt Global Strike" wird zum ersten Mal als konkrete äußere Bedrohung erwähnt.
An dem grundlegenden Verteidigungscharakter der Doktrin ändert sich nach den Worten von Kremlchef Wladimir Putin nichts. Der Präsident bestätigte die Doktrin bei einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrates.
"Die Nato stellt weder für Russland noch für irgendeine andere Nation eine Gefahr dar", entgegnete Nato-Sprecherin Oana Lungescu. Alle Maßnahmen, die zum Schutz der Bündnispartner ergriffen würden, seien klar defensiver Natur, angemessen und vereinbar mit internationalem Recht. "Es ist vielmehr Russlands Handeln, das Völkerrecht bricht und die Sicherheit Europas infragestellt", so Lungescu. Die gelte auch für das aktuelle russische Handeln in der Ukraine.
Nach Angaben der Sprecherin wird die Nato weiter versuchen, eine konstruktive Beziehung zu Moskau aufrechtzuerhalten. Dies sei jedoch nur möglich, wenn die Regierung dort das Völkerrecht und internationale Grundsätze einhalte. Putin hatte zuletzt mehrfach betont, dass Russland kein "Aggressor" sei.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow und andere führende Politiker in Moskau warnen seit Tagen davor, dass der Nato-Kurs der Ukraine die europäische Sicherheitsarchitektur ins Wanken bringe. Das Parlament der Ex-Sowjetrepublik hatte am Dienstag ein Gesetz über das Ende der Blockfreiheit verabschiedet. Damit will sich die Ukraine von Russland abwenden und den Weg für einen Beitritt zu dem westlichen Militärbündnis freimachen. Die Nato hatte stets erklärt, die Türen stünden dem Land offen.
"Reaktion auf Informationskrieg"
Die neue Doktrin sei auch eine Reaktion auf den Informationskrieg gegen Russland und auf die internationale Terrorgefahr, hieß es in russischen Medien. Ein atomarer Präventivschlag ist auch in dieser Fassung nicht vorgesehen, wie Kommentatoren in Moskau hervorhoben.
"Führende Staaten" der Welt - gemeint sind wohl allen voran die USA - sehen sich in der Mitteilung des russischen Sicherheitsrates dem Vorwurf ausgesetzt, unabhängige Staaten mit einer Vielzahl an Instrumenten zu bedrohen, um eigene Interessen durchzusetzen. So würden private Militärdienste eingesetzt, das Protestpotenzial der Bevölkerung angeheizt oder radikale und extremistische Organisationen gefördert, um eigene Ziele in anderen Staaten durchzusetzen, heißt es weiter.
Russland wendet sich in der schweren Krise mit dem Westen seit Ende des Kalten Krieges zunehmend von der EU und den USA ab. Der Westen hat das Land wegen seiner umstrittenen Ukraine-Politik und der Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim mit Sanktionen belegt.
Bereits in der vorherigen Fassung der Doktrin aus dem Jahr 2010 wird "das Streben, die militärische Infrastruktur der Nato-Mitgliedsstaaten an die Grenzen der Russischen Föderation heranzurücken", also eine Nato-Erweiterung, als militärische Gefahr gewertet. Auch die "Verstärkung militärischer Kontingente ausländischer Staaten auf Territorien oder Gewässern, die an die Russische Föderation angrenzen" wurde als Bedrohung angesehen.
Quelle: ntv.de, rpe/dpa