Politik

Ban: Krise geht zu weit Kim strapaziert Chinas Geduld

Kim Jong Un bei einer Rede vor dem Zentralkomitee der Arbeiterpartei Nordkoreas.

Kim Jong Un bei einer Rede vor dem Zentralkomitee der Arbeiterpartei Nordkoreas.

(Foto: REUTERS)

Die Diplomaten versuchen, Nordkorea von seinen atomaren Provokationen abzubringen. Die Drohungen seien "kein Spiel", sagt der UN-Generalsekretär. Allerdings haben wohl nur die Chinesen einen echten Einfuss auf das Regime in Pjöngjang. Und auch die wissen sich immer weniger zu helfen.

Nach den Worten von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ist die derzeitige Krise um Nordkorea "bereits zu weit gegangen". Er sei überzeugt, dass niemand Nordkorea wegen "Meinungsunterschieden über sein politisches System oder seine Außenpolitik" angreifen wolle, sagte Ban während eines Besuchs in Andorra. Er fürchte aber, dass es harte Reaktionen "auf jede neue Militärprovokation" durch Nordkorea geben könne. "Nukleare Drohungen sind kein Spiel", sagte der Südkoreaner. "Die Dinge müssen anfangen, sich wieder zu beruhigen." Die Situation werde verschlimmert durch Mangel an Kommunikation und könnte "zu einem Pfad führen, den niemand gehen will."

Ban reagierte mit seinen Worten auf die seit Wochen anhaltende Krise auf der koreanischen Halbinsel. Zuletzt hatte Nordkorea die Wiederinbetriebnahme seines Atomreaktors in Yongbyon angekündigt. Sämtliche Anlagen sollten "nachjustiert und neu gestartet" werden. Die Maßnahme sei Teil einer Politik der "qualitativen und quantitativen Stärkung der atomaren Streitkraft". Außerdem diene sie dazu, die akute Energielücke, die zu Stromausfällen führe, zu schließen. Die USA hatten zuvor hochmoderne Kampfjets nach Südkorea beordert, darunter Tarnkappenbomber und zwei  atomwaffenfähige B-52-Bomber.

Yongbyon produzierte Atombomben-Material

Die Atomanlagen in Yongbyon

Die Atomanlagen in Yongbyon

(Foto: dpa)

Der knapp hundert Kilometer nördlich der Hauptstadt Pjöngjang gelegene Reaktor war im Sommer 2007 nach Verhandlungen der Sechser-Gruppe (Nord- und Südkorea, China, Japan, Russland und die USA) abgeschaltet worden, was die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bestätigte. In Yongbyon war zuvor Plutonium angereichert worden, das Nordkorea dann für seinen ersten Atomwaffentest im Oktober 2006 nutzte.

China reagierte "mit Bedauern" auf die Ankündigung. "Wir rufen alle beteiligten Seiten auf, Ruhe zu bewahren und Zurückhaltung zu üben", sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Die derzeitige Lage auf der koreanischen Halbinsel sei "kompliziert" und "sensibel". China trete weiterhin für eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel sowie für Frieden und Stabilität in der Region ein. Bereits nach dem im Februar vorgenommenen dritten Atomtest war das mit Nordkorea verbündete China auf Distanz gegangen. Im UN-Sicherheitsrat stimmte Peking für härtere Strafmaßnahmen.

Chinas Nerven sind gereizt

Dass Nordkorea nun seine umstrittene Atomanlage wieder hochfahren will, ist für China ein Schlag ins Gesicht: Eigentlich hatte die Regierung in Peking angekündigt, die Gespräche über eine atomare Abrüstung auf der koreanischen Halbinsel wieder in Gang bringen zu wollen. Der neue Vorfall verdeutlicht einmal mehr, was sich seit Monaten abzeichnet: Der früher so enge Verbündete Nordkorea zerrt immer mehr an Chinas Nerven.

Dabei hatten die Staatsmedien im Reich der Mitte noch vor sechs Monaten den Norden als wunderbaren Ort für Investitionen gelobt. Beide Staaten bemühten sich, eine grenzübergreifende Wirtschaftszone zu fördern. Ein Atomtest, ein Raketenstart und jede Menge Säbelrasseln später unterstützte die Regierung in Peking im UN-Sicherheitsrat neue Sanktionen. In chinesischen Medien wird Nordkorea als undankbar gescholten und die chinesischen Geschäftsleute, die eigentlich den Handel fördern sollen, wollen nicht über das Nachbarland reden. Die Änderung in der chinesischen Politik gegenüber Nordkorea sei "bemerkenswert und offensichtlich", sagt Zhu Feng von der Peking-Universität: "Peking ist aufgewacht und hat die Realität erkannt."

Zu viel Druck könnte schaden

Früher, so lautete eine Redensart, waren sich beide Staaten so nah wie "Zähne und Lippen", Waffenbrüder im Korea-Krieg 1950 bis 1953. Aber die Distanz nimmt zu. Der heutigen chinesischen Führung – darunter der neue Präsident Xi Jinping – fehlt die emotionale Verbundenheit, die bei früheren Treffen mit den Spitzen aus Nordkorea in herzlichen Umarmungen Ausdruck fand. Der frühere chinesische General-Major Luo Yuan erklärte Mitte März, dass man früher Seite an Seite gekämpft habe, sei unwichtig. "Wer unseren nationalen Interessen schadet, den nehmen wir uns vor." Die Zeitung "Global Times", herausgegeben vom KP-Zentralorgan People's Daily, hat dazu aufgerufen, die Verbindungen zu Nordkorea ganz zu kappen.

Dass China das Bündnis mit Nordkorea ganz zerbricht, ist allerdings unwahrscheinlich. Das Land ist eine Pufferzone zu den US-Soldaten in Südkorea und Japan. China möchte auch eine Entwicklung wie in Birma vermeiden, das einst ein enger Verbündeter war, inzwischen aber die Nähe zu den USA sucht.

Sollte China zu viel Druck ausüben, droht aus Sicht der Regierung in Peking der schlimmste aller Fälle: Nordkorea könnte in sich zusammenstürzen. In welchen Händen dann das radioaktive Material aus dem nordkoreanischen Atomprogramm landen würde, wäre völlig unklar.

Quelle: ntv.de, che/rts/AFP/dpa

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