Politik

Osmanischer Genozid an Armeniern Koalition einigt sich auf Begriff "Völkermord"

1,5 Millionen Armenier fielen im Ersten Weltkrieg einer Vernichtungskampagne des Osmanischen Reiches zum Opfer.

1,5 Millionen Armenier fielen im Ersten Weltkrieg einer Vernichtungskampagne des Osmanischen Reiches zum Opfer.

Lange haderte die Koalition damit, die Ermordung von 1,5 Millionen Armeniern durch das Osmanische Reich im Ersten Weltkrieg als "Völkermord" zu bezeichnen. Nun einigen sich CDU und SPD auf einen gemeinsamen Wortlaut, der das V-Wort ausspricht.

Im Streit um die Einordnung des Massakers an den Armeniern vor 100 Jahren haben sich die Spitzen der Koalitionsfraktionen auf eine Formulierung geeinigt. Union und SPD im Bundestag wollen die Ermordung der Armenier vor 100 Jahren nun doch als "Völkermord" bezeichnen. In dem Antrag heißt es, das Schicksal der damals vertriebenen und getöteten Armenier "steht beispielhaft für die Geschichte der Massenvernichtungen, der ethnischen Säuberungen, der Vertreibungen und der Völkermorde, von denen das 20. Jahrhundert auf so schreckliche Weise gezeichnet ist."

Weiter heißt es in dem Antrag, über den der Bundestag am Freitag beraten soll: "Dabei wissen wir um die Einzigartigkeit des Holocaust, für den Deutschland Schuld und Verantwortung trägt." Unionfraktionsvize Franz Josef Jung und SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich erklärten, es sei zu einer Verständigung gekommen, "die die verschiedenen Standpunkte innerhalb der Fraktionen weitestgehend umfasst". In dem bisherigen Entwurf des Koalitionsantrags war zwar von einer "Vernichtung der Armenier" die Rede, der Begriff "Völkermord" wurde jedoch vermieden. Nun rückte er in den Haupttext.

"Diplomatisch unklug", aber notwenig

Die Opposition aus Linken und Grünen im Bundestag hatte der Bundesregierung und den Koalitionsfraktionen vorgeworfen, aus falscher Rücksichtnahme auf die türkische Regierung den Begriff "Völkermord" vermeiden zu wollen. Nun ziehen die Koalitionsparteien nach. So äußerte schon CDU-Vize Julia Klöckner in der "Welt am Sonntag", der "Tod Hunderttausender Armenier in der Endphase des Osmanischen Reiches war weder Unfall noch Zufall, sondern Völkermord." Es möge zwar "diplomatisch unklug" sein, diesen Wortlaut zu verwenden, Deutschland könne "dennoch das Kind beim Namen nennen." Die Koalitionsfraktionen stimmen am Dienstag über einen entsprechenden Formulierungsvorschlag ihrer Spitzen für die Gedenkstunde am 24. April im Bundestag ab.

Zuvor war schon Außerminister Steinmeier in die Kritik geraten, weil es sich nicht klar zum Völkermord positionieren wollte. Am heutigen Montag kam die Kurskorretur. "Man kann das, was damals geschehen ist, in dem Begriff des Völkermords zusammenfassen wollen und ich kann die Gründe dafür und erst recht die Gefühle dazu gut verstehen", erklärte Steinmeier. Er als Außenminister müsse aber auch daran denken, was nach dem 24. April geschehe. Seine Sorge sei, dass eine immer aufgeladenere Debatte in Ankara und Eriwan das unmöglich mache, was er sich wünsche: "den Beginn eines ernsthaften Dialogs zwischen Türken und Armeniern".

Armenien zufolge war der Tod von bis zu 1,5 Millionen Landsleuten während des Ersten Weltkriegs Ergebnis einer gezielten Vernichtungskampagne des Osmanischen Reiches. Die Türkei bestreitet, dass es sich um einen Völkermord handelte und spricht von einigen hunderttausend Toten durch Kämpfe und Hungersnöte während des Krieges.

Quelle: ntv.de, kbe/dpa/AFP

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