Politik

"Barsani muss ihn freilassen" Kurden halten deutschen Jesiden-Chef fest

Peschmerga im Nordirak bei einer Übung.

Peschmerga im Nordirak bei einer Übung.

(Foto: REUTERS)

Seit Tagen befindet sich der Chef der jesidischen Verteidigungskräfte in kurdischer Haft - obwohl die Jesiden zusammen mit den Kurden gegen den IS kämpfen. Die Jesiden in Deutschland verlangen die Freilassung von Haidar Schescho.

Der Zentralrat der Jesiden in Deutschland hat die Freilassung des Kommandeurs der jesidischen Milizen, Haidar Schescho, durch die Regierung des kurdischen Präsidenten Massud Barsani gefordert. "Wenn Herr Barsani der Bewahrer der westlichen Werte sein will, dann erwarte ich, dass er Haidar Schescho unverzüglich freilässt", sagte Zentralratssprecher Holger Geisler n-tv.de.

Schescho, der deutscher Staatsbürger ist, war am 5. April von Sicherheitskräften der kurdischen Autonomieregierung im Nordirak festgenommen worden. Er ist der Oberkommandeur der jesidischen Einheiten, die als "Verteidigungskraft Sindschar" (HPS) im Nordirak gegen die Terrormiliz IS kämpfen.

Barsanis Regierung hatte verlangt, dass sich die HPS dem Peschmerga-Ministerium unterstellt, das für die bewaffneten Kräfte der Autonomieregion zuständig ist. Da Schescho dies verweigerte, wurde er wegen Bildung einer "illegitimen Miliz" angeklagt. Nach Angaben der HPS wurden neben Schescho mehr als 130 jesidische Demonstranten und Kämpfer festgenommen.

Die Jesiden haben allen Grund, den Peschmerga zu misstrauen: Als der IS am 3. August 2014 das Sindschar-Gebirge angriff, ließen die Peschmerga die Jesiden im Stich, die sich dorthin geflüchtet hatten. Verteidigt wurden die Jesiden stattdessen von Einheiten der syrisch-kurdischen PYD, die eigentlich nicht im Nordirak operieren.

"Die Jesiden brauchen eine Schutzzone im Nordirak"

Hintergrund der Festnahmen könnte ein innerkurdischer beziehungsweise ein innerirakischer Machtkampf sein: Schescho steht der Patriotischen Union Kurdistans des früheren irakischen Staatspräsidenten Dschalal Talabani nahe, die sich im irakischen Kurdistan in der Opposition zu Barsanis Demokratischer Partei befindet. Finanziert wird die HPS von der Zentralregierung in Bagdad. Das macht die Festnahme besonders seltsam: Immerhin genießen die jesidischen Milizen die offizielle Anerkennung der irakischen Regierung. Der Zentralrat der Jesiden hält die Festnahme daher für rechtswidrig.

"Die Jesiden wollen in Frieden und Freiheit selbstbestimmt leben", sagt Zentralratssprecher Geisler. "Das ist derzeit nicht der Fall, aber es war auch vor dem Vormarsch des IS nicht so. Die 400.000 Jesiden in der Region brauchen eine Schutzzone und eine Selbstverwaltung innerhalb des autonomen Kurdistan."

Schescho ist ein Neffe von Qasim Schescho, dem Gründer der Verteidigungskraft Sindschar. Beide stammen aus Deutschland. Qasim, der mittlerweile nach Deutschland zurückgekehrt ist, kommt aus Bad Oeynhausen, Haidar aus Wolfsburg. Da Schescho Deutscher ist, hat sich auch das Auswärtige Amt in Berlin sowie der deutsche Konsul in Erbil in den Fall eingeschaltet.

Die Belagerung des Sindschar-Gebirges durch den IS war mit ein Grund für die Entscheidung der Bundesregierung, Waffen an die Kurden zu liefern. Beliefert wurden allerdings weder die syrischen Kurden noch die Jesiden, sondern ausschließlich die Peschmerga. Auch über das Peschmerga-Ministerium haben die jesidischen Einheiten nach eigenen Angaben bislang keine Waffen erhalten.

Quelle: ntv.de

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