Politik

Tories bringen sich in Stellung Labour-Chef Corbyn von Fraktion abgestraft

Corbyn hat keinen Rückhalt in seiner Fraktion - ob er Konsequenzen daraus zieht, ist aber unklar.

Corbyn hat keinen Rückhalt in seiner Fraktion - ob er Konsequenzen daraus zieht, ist aber unklar.

(Foto: REUTERS)

Das Brexit-Referendum schockiert nicht nur die Märkte, sondern hat auch Auswirkungen auf die britischen Parteien. Der Chef der oppositionellen Labour-Partei erlebt in seiner Fraktion eine herbe Niederlage. Die Tories müssen Camerons Nachfolger wählen.

Nach dem Brexit-Referendum ist sowohl bei den regierenden Tories als auch in der oppositionellen Labour-Partei ein Machtkampf ausgebrochen. Bei Labour verlor Parteichef Jeremy Corbyn krachend eine Misstrauensabstimmung in der Fraktion, er will aber trotzdem im Amt bleiben. Bei den Konservativen beginnt am Mittwoch eine nur zweitägige Bewerbungsphase für die Nachfolge von Premierminister David Cameron.

Für Corbyn stimmten nur 40 Abgeordnete der Labour-Partei, 172 votierten gegen ihn. Allerdings sprach der 67-Jährige dem Votum seine "konstitutionelle Legitimität" ab: "Ich bin der demokratisch gewählte Chef unserer Partei, der von 60 Prozent unserer Mitglieder und Sympathisanten für eine neue Politik gewählt wurde", erklärte der Parteichef nach der Abstimmung. "Ich werde diese nicht durch einen Rücktritt betrügen."

Zu wenig Wahlkampf für EU?

Theresa May gilt als mögliche Nachfolgerin von Premier Cameron.

Theresa May gilt als mögliche Nachfolgerin von Premier Cameron.

(Foto: REUTERS)

Corbyn steht wegen seines Verhaltens im Vorfeld des Brexit-Referendums in der Kritik, bei dem sich eine Mehrheit der Briten in der vergangenen Woche für ein Ausscheiden aus der EU ausgesprochen hatte. Vertreter des rechten Parteiflügels werfen dem lange euroskeptischen Parteichef vor, nur halbherzig für den Verbleib in der EU geworben und damit viele Wähler aus dem eigenen Lager nicht überzeugt zu haben. Die Parteilinken sprachen dagegen von einem seit längerem geplanten Coup gegen Corbyn.

Corbyn ist an der Basis sehr beliebt, hat aber wenig Verbündete im Parlament. Er hat bereits erklärt, dass er wieder kandidiert, wenn es eine Neuwahl für den Vorsitz der sozialdemokratischen Labour-Partei geben sollte. Seit dem Brexit-Votum hat allerdings eine Vielzahl von Labour-Spitzenkräften aus Protest gegen Corbyn das Handtuch geworfen. Der Parteichef verlor innerhalb weniger Tage mehr als die Hälfte der Mitglieder seines Schattenkabinetts.

Wahl des Tories-Chefs verschoben

Bei den regierenden Tories wiederum wird um die Nachfolge von David Cameron gerungen. Der Premier, der ebenfalls für den Verbleib in der EU geworben hatte, hatte nach dem Brexit-Votum seinen Rücktritt als Partei- und Regierungschef angekündigt. Sein Nachfolger sollte ursprünglich bis zum 2. September bestimmt werden. Nun verschob der Parteivorstand den Termin um eine Woche auf den 9. September. Er legte zudem fest, dass die Bewerbungsfrist für das Amt des Parteichefs - und damit des nächsten Premierministers - am morgigen Mittwoch beginnen und bereits am Donnerstag enden soll.

Als Favoriten gelten der frühere Londoner Bürgermeister Boris Johnson und Innenministerin Theresa May. Johnson war einer der Wortführer des Brexit-Lagers. May hatte für den Verbleib in der EU geworben, aber keine prominente Rolle in der Kampagne gespielt. Laut einer aktuellen Umfrage stehen 31 Prozent der Konservativen hinter May und 24 Prozent hinter Johnson. Auch Gesundheitsminister Jeremy Hunt erwägt eine Kandidatur.

Der lange als Favorit gehandelte Finanzminister George Osborne kündigte an, sich nicht zu bewerben. Er habe "hart" für einen Verbleib in der EU geworben, schrieb Osborne in der "Times". Obwohl er das Ergebnis des Referendums akzeptiere, sei er daher "nicht die Person, die der Partei die Einigkeit geben kann, die sie braucht". Wenn es mehr als zwei Kandidaten gibt, wird das Bewerberfeld kommende Woche per Abstimmung der Tory-Abgeordneten verkleinert. Über die verbleibenden zwei Kandidaten sollen dann die rund 150.000 Parteimitglieder per Briefwahl abstimmen.

Quelle: ntv.de, mli/AFP

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