Politik

Grüne drohen mit Karlsruhe Lässt sich ein Eklat um Snowden vermeiden?

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(Foto: picture alliance / dpa)

Der NSA-Untersuchungsausschuss möchte Edward Snowden befragen, die Bundesregierung will einen Bruch mit den USA vermeiden. Doch sie stellt sich dabei etwas merkwürdig an. Kritik kommt nicht nur von der Opposition.

Das Nein der Bundesregierung ist auf 27 Seiten ausgebreitet. Seite um Seite haben verschiedene Ministerien zusammengetragen, warum es aus ihrer Sicht nicht möglich ist, den Ex-NSA-Mitarbeiter Edward Snowden für eine Aussage vor dem Bundestags-Untersuchungsausschuss nach Deutschland zu holen. Da reihen sich rechtliche Überlegungen aneinander, Ausführungen zu Aufenthaltstiteln, Asylfragen, Auslieferungsabkommen, zu Gefahren für Snowden und seinen möglichen Schutz.

Die Hauptbegründung für das Nein ist aber nicht juristischer Natur, sondern politischer: Es die Angst vor dem Zorn der Amerikaner, vor bleibenden Schäden für die deutsch-amerikanischen Beziehungen – mit dem Nebeneffekt, dass die USA auch wichtige Geheimdienstinformationen nicht mehr an Deutschland weitergeben würden. So zumindest befürchtet es die Regierung.

Für die USA ist Snowden so etwas wie der "Staatsfeind Nummer Eins". Er hat massenhaft geheime Dokumente des US-Nachrichtendienstes NSA offengelegt und damit eine internationale Affäre losgetreten, inklusive diplomatischer Verwicklungen. Die Amerikaner wären wohl außer sich, würde Deutschland diesen Mann nach Berlin holen und ihn vor dem Bundestagsausschuss aussagen lassen.

Befragung per Video möglich, aber vielleicht strafbar

Das weiß auch die Kanzlerin. Zu ihrem Besuch in Washington wollte Angela Merkel offenbar keine unbequemen Botschaften im Gepäck haben. Stattdessen konnte sie den Amerikanern nun die Nachricht mitbringen, dass die Bundesregierung eine Befragung Snowdens in Berlin kategorisch ablehnt. Und so erklärt die Regierung in ihrem Bericht für den Ausschuss, dass Snowden im Interesse der Bundesrepublik nicht nach Deutschland einreisen könne. Aber an seinem Aufenthaltsort in Russland sei eine Befragung durchaus möglich, durch eine Delegation des Ausschusses oder per Video – vorausgesetzt die Russen stimmen zu.

Die Abgeordneten im NSA-Ausschuss, für die der Bericht eigentlich bestimmt war, bekamen die Stellungnahme am Freitagmittag. Einige Medien hatten das Papier allerdings schon am Mittwoch. Die Parlamentarier sind deshalb stocksauer. "Das ist nicht die Art, wie es laufen sollte", sagt der Ausschussvorsitzende Patrick Sensburg, der wie die Kanzlerin CDU-Mitglied ist. "Das ist schon unbefriedigend." Andere Abgeordnete formulieren es weniger diplomatisch und sprechen von einem Skandal. Und sie wundern sich über einen Verweis in dem Regierungsbericht. Angefügt ist das Gutachten einer amerikanischen Kanzlei, die argumentiert, nach US-Recht würden sich die Parlamentarier strafbar machen, wenn sie Snowden vernehmen.

"Wir lassen uns das nicht gefallen."

Der Opposition platzt spätestens da der Kragen. Die Regierung wolle die Abgeordneten unter Druck setzen und eine Drohkulisse aufbauen, schimpft die Linken-Obfrau Martina Renner. Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströble spricht von einem "Stück aus dem Tollhaus" und versichert: "Wir lassen uns das nicht gefallen." Linke und Grüne bestehen darauf, Snowden persönlich im Ausschuss zu hören. Eine Befragung in Russland lehnen sie ab. Auf russischem Boden könne Snowden schließlich nicht frei reden.

Und nun? Dem Untersuchungsausschuss steht bei seinem nächsten Treffen am Donnerstag eine ungemütliche Sitzung bevor. Dem Gremium ist es ungenommen, Snowden als Zeugen zu laden. Doch wenn die Regierung dem Amerikaner keinen Aufenthalt gewährt, kann er auch nicht vor dem Ausschuss erscheinen. Die Grünen wollen notfalls vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, um die Regierung zu zwingen, eine Befragung in Berlin zu ermöglichen. Welche Erfolgschancen der Gang nach Karlsruhe hat, ist unklar.

Der Ausschussvorsitzende Sensburg wirbt stattdessen dafür, einen Schlussstrich zu ziehen und nun nach anderen Wegen zu suchen. Sein Favorit: eine Vernehmung Snowdens per Video. "Ich möchte, dass es weitergeht", sagt Sensburg. Der Ausschuss dürfe sich nun nicht blockieren. Dass sich die Opposition darauf einlässt, scheint aber unwahrscheinlich. Der Start im NSA-Ausschuss war denkbar holprig und unharmonisch. Und genauso scheint es vorerst weiterzugehen.

Quelle: ntv.de, Von Christiane Jacke, dpa

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