Politik

"Formal grenzwertig" Lammert kritisiert Bund-Länder-Finanzreform

Bundestagspräsident Lammert hält die geplanten Grundgesetzänderungen für grenzwertig.

Bundestagspräsident Lammert hält die geplanten Grundgesetzänderungen für grenzwertig.

(Foto: imago/photothek)

Lange brauchte die Große Koalition, um sich auf eine Finanzreform zu einigen. Nun soll das Mammutprojekt beschlossen werden. Scharfe Kritik kommt vom Bundestagspräsidenten - wegen Änderungen des Grundgesetzes.

Unmittelbar vor der Abstimmung über die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen hat Bundestagspräsident Norbert Lammert seine Kritik an dem Vorhaben erneuert. "Dass die umfangreiche geplante Neuregelung verfassungswidrig sei, behaupte ich nicht", sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

"Aber offenbar geht es nur auf dem Weg einer Serie von Verfassungsänderungen, die ich für formal grenzwertig, um nicht zu sagen indiskutabel halte und die in der Sache höchst problematisch ist", so Lammert, der im Herbst aus dem Bundestag ausscheidet. Die geplanten Gesetzespakete samt Änderungen "befördern eine Entwicklung hin zum Zentralstaat".

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nannte die neue Finanzordnung dagegen ein solides Reformpaket. Die Architektur der föderalen Finanzordnung werde ein Stück weit geändert, sagte der CDU-Politiker. Der Ausgleich zwischen stärkeren und schwächeren Ländern aber werde künftig weitestgehend zurückgenommen. Der Ausgleich komme vom Bund.

Auch Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz sprach von einem fairen Kompromiss. "Es wird keiner schlechter dastehen als zuvor", sagte der SPD-Politiker. Alle Länder würden eine Finanzkraft von mindestens 95 Prozent erreichen. Der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Eckhardt Rehberg von der CDU, nannte den Kompromiss aus gesamtstaatlicher Sicht einen Schritt in die richtige Richtung.

13 Änderungen des Grundgesetzes

Über die entsprechenden Gesetzesänderungen soll am Donnerstag namentlich im Parlament abgestimmt werden. Darunter sind auch 13 Änderungen des Grundgesetzes. Es zeichnet sich eine dafür notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit von Union und SPD ab. Im Bundesrat soll voraussichtlich an diesem Freitag über die Reform entschieden werden. Auch dort gilt eine Zwei-Drittel-Mehrheit als sicher.

Bund und Länder hatten sich im Oktober nach langen Verhandlungen auf neue Finanzbeziehungen verständigt. Danach sollen die Länder von 2020 an jährlich 9,75 Milliarden Euro vom Bund erhalten - Tendenz steigend. Das ist deutlich mehr Geld als bisher. Der Bund bekommt dafür mehr Eingriffsrechte - etwa bei Fernstraßen, in der Steuerverwaltung und bei Investitionen in Schulen.

Bis zuletzt umstritten waren die Pläne für die künftige Autobahngesellschaft des Bundes. Mit der Infrastrukturgesellschaft will der Bund für mehr Effizienz in Planung, Bau und Betrieb der Autobahnen und Bundesstraßen sorgen. Die Länder geben Befugnisse ab. Union und SPD hatten sich erst kürzlich auf zusätzliche Privatisierungsschranken im Grundgesetz verständigt, um eine Veräußerung der Gesellschaft und von Autobahnen auch durch die Hintertür zu verhindern. Eine Privatisierung der Autobahnen und Bundesstraßen ist erstmals verfassungsrechtlich ausgeschlossen.

Quelle: ntv.de, mli/dpa

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