Valls verspricht mehr Reformen Merkel vermeidet direkte Kritik an Frankreich
22.09.2014, 15:10 Uhr
Die Kanzlerin hört Valls' Worte wohl, allein ihr fehlt der Glaube.
(Foto: dpa)
Frankreichs Premierminister Valls hat bei seinem Antrittsbesuch in Berlin nicht unbedingt die besten Nachrichten im Gepäck. Vielmehr muss er bei Kanzlerin Merkel um mehr Geduld für den begonnenen Reformkurs bitten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich beim Besuch des französischen Premierministers Manuel Valls mit Kritik an Frankreich zurückgehalten. Die CDU-Politikerin lobte die Reformvorhaben der sozialistischen Regierung und versuchte, Fragen nach den verfehlten Sparanstrengungen der Nachbarn zu umschiffen. "Frankreich ist in seiner sehr spannenden Phase, in der viele Reformen angestoßen werden, die absolut notwendig sind und in die richtige Richtung gehen", sagte Merkel in Berlin.
Mit Blick auf ein mögliches Strafverfahren gegen Paris sagte Merkel, die Bewertung dessen und der Haushaltspolitik sei Sache der EU-Kommission. Es sei wichtig, "dass wir uns an das halten, was wir miteinander vereinbart haben", sagte Merkel.
Weniger zurückhaltend als die Kanzlerin waren am Morgen Wirtschaftspolitiker aus der Union. Der CSU-Abgeordnete Hans Michelbach erklärte die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone kurzerhand zur größten Gefahr für den Währungsblock. Sein CDU-Kollege Christian von Stetten sah sogar den französischen Sozialstaat als gescheitert an.
Sparkurs auf Französisch
Paris steht in der Kritik, weil es nicht gelingt, den Haushalt mit weniger Schulden zu finanzieren. Die Regierung plant nun, erst 2017 zur EU-Regel zurückzukehren, die Nettokreditaufnahme auf 3 Prozent der Wirtschaftsleistung zu begrenzen. Eigentlich sollte das spätestens 2015 geschehen. Für das laufende Jahr wird mit einem Defizit von deutlich über 4 Prozent gerechnet. Anfang September hatte deshalb auch die EU-Kommission die Franzosen zur Ordnung gerufen.
Premierminister Valls versprach, die angekündigten Wirtschaftsreformen zur Entlastung der Unternehmen und der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes entschieden anzupacken. Bei der Wettbewerbsfähigkeit sei "Frankreich seit zehn Jahren abgehängt", gab der sozialistische Politiker zu. Zur Debatte über mehr Investitionen zur Ankurbelung der Konjunktur sagte Merkel, es gebe viele Möglichkeiten, Wachstum zu schaffen, ohne mehr Geld auszugeben. So solle die Bürokratie abgebaut werden. Auch habe man im Vergleich zu den USA und China bei der digitalen Wirtschaft viel nachzuholen, betonte die Kanzlerin.
"Frankreich ist nicht das kranke Kind Europas", gab sich der Regierungschef dennoch kämpferisch. Er könne die Zweifel der Deutschen am Reformkurs verstehen, wolle aber nicht um Nachsicht bitten. Seine Regierung werde liefern: "Frankreich wird auf jeden Fall seiner Verantwortung gerecht werden." Die wirtschaftliche Lage bleibt jedoch prekär. Die Arbeitslosigkeit steht mit rund 3,3 Millionen Franzosen auf einem Rekordhoch, während das Wachstum nicht vom Fleck kommt.
Quelle: ntv.de, sba/DJ