Entspannung in der Ukraine-Krise? Merkel versucht es mit Charme und Witz
06.06.2014, 17:15 Uhr
Putin und Merkel schauten nicht immer so finster.
(Foto: REUTERS)
Am Rande der D-Day-Feiern kommt es nicht nur zu diplomatischen Verhandlungen. Angela Merkel setzt auch auf die zwischenmenschliche Ebene. Die Bilder lassen vermuten, dass sie tatsächlich Fortschritte macht.
Angela Merkel pendelt hin und her. Ihr Platz beim großen Staatsakt am Strand von Ouistreham ist nicht weit von dem Wladimir Putins entfernt, gleich neben ihr steht Petro Poroschenko. Die Kanzlerin kann fast nicht anders, als diese Situation zu nutzen. Sie spricht mal mit dem einen, mal mit dem anderen. Bei bestem Wetter und mit Blick auf das Meer wirkt die Stimmung fast entspannt, Merkel bringt Putin sogar zum Lachen. Wenn man es anhand der Fernsehbilder und Verlautbarungen aus Frankreich beurteilen müsste, würde man sagen: Die Treffen bei den D-Day-Feierlichkeiten können tatsächlich zu einer Entspannung in der Ukraine-Krise beitragen.
Zum ersten Mal seit dem Umsturz in Kiew kam es wieder zu direkten Begegnungen mit westlichen Staatschefs und dem russischen Präsidenten. Einzig der Schweizer Didier Burkhalter war nach Moskau gereist – allerdings in seiner Funktion als OSZE-Präsident.
Wie die Politiker auf den Besuch Putins reagieren, ist allerdings höchst unterschiedlich. Den Auftakt machte David Cameron am Donnerstagabend. Von diesem Gespräch wurde vor allem bekannt, dass er sich weigerte, Putin die Hand zu geben. Zum Abendessen war der Russe dann im Élysée-Palast eingeladen und gestand dem französischen Staatspräsidenten François Hollande, einen "gewissen Einfluss" auf die prorussischen Separatisten in Teilen der Ukraine zu haben. Das klang schon offener.
Putin bietet Waffenstillstand an
Am Freitagvormittag sprach dann Merkel mit Putin. Für die Fotografen schüttelten sich beide die Hand. Merkel war es sichtbar wichtig, Putin dabei fest in die Augen zu schauen. Danach setzten sich beide und schauten mehr voneinander weg als einander an. Die deutsche Seite teilte danach mit, Merkel habe darauf hingewiesen, "dass nach der international anerkannten Präsidentschaftswahl jetzt die Zeit genutzt werden müsse, um eine Stabilisierung der Lage insbesondere in der Ostukraine zu erreichen". Russland müsse seiner großen Verantwortung dabei gerecht werden. Von russischer Seite hieß es, beide hätten "nach einer ukrainischen Lösung" gesucht und dabei ihre Meinungsverschiedenheiten angesprochen.
Beide reisten dann weiter, um am Festakt Ouistreham teilzunehmen. Dort kam es zunächst zu einem viertelstündigen Treffen von Putin und Poroschenko, das Merkel und Hollande begleiteten. Dabei sollen der Russe und der Ukrainer vereinbart haben, in den kommenden Tagen über "die Modalitäten eines Waffenstillstandes" zu beraten. Beide hätten betont, dass es keine Alternative zur Lösung der Krise mit "friedlichen politischen Mitteln" gebe.
Obama traut sich nicht
Auch Obama traf sich mit Putin "informell", also ohne, dass es einen festen Termin gegeben hätte. Bis auf die Tatsache, dass Meinungen ausgetauscht wurden, gab es aus diesem Gespräch keine öffentlichen Informationen.
Auf offener Bühne wollte sich Obama offensichtlich nicht mit Putin zeigen. Beim Familienfoto standen andere Staatschefs zwischen ihnen, während des großen Staatsaktes am Stand von Ouistreham ebenso. Offensichtlich hatten die Amerikaner beim französischen Protokoll um eine gewisse Distanz gebeten. Als sie sich nahe kamen, ignorierten sie einander. Obama fährt gegen Russland eine härtere Linie als die Europäer, ist aber in den USA unter Druck, noch schärfer vorzugehen.
Ganz anders verhielt sich die Kanzlerin: Sie suchte das Gespräch auch öffentlich. Es dauerte eine ganze Weile, bis Gastgeber Hollande alle angereisten Staatschefs begrüßt hatte. Die Zeit nutzte Merkel offenbar nicht nur, um weiter zu verhandeln, sondern auch, um die Stimmung zu entspannen. Ihre Gesten und die Putins wirkten immer freundlicher. Zwischendurch sprach sie auch immer wieder kurz mit Poroschenko. Ein echtes Dreiergespräch kam allerdings nicht zustande: Zu vermuten ist, dass Merkel mit Putin Deutsch sprach, was Poroschenko nicht versteht.
Quelle: ntv.de