Politik

"Skandal, Doppelmoral, Wortwahl" Merz' Aussage zu Israels "Drecksarbeit" löst scharfe Kritik aus

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Auch aus den Reihen des Koalitionspartners SPD schallt es Friedrich Merz entgegen.

Auch aus den Reihen des Koalitionspartners SPD schallt es Friedrich Merz entgegen.

(Foto: REUTERS)

Kanzler Merz zollt in einem Interview Israel Repekt für das militärische Vorgehen gegen den Iran. Aus seiner Sicht mache Israel "die Drecksarbeit" für den ganzen Westen. Dieses Zitat sorgt im Nachgang für mächtig Wirbel. Parteiübergreifend bekommt der CDU-Politiker dafür heftig Feuer.

Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz zum israelischen Angriff auf den Iran sorgen für scharfe Kritik. "Wenn der Bundeskanzler sagt, Israel mache im Iran die Drecksarbeit für uns, ist das mehr als befremdlich", sagte der SPD-Politiker Ralf Stegner dem "Spiegel". Widerspruch kam auch von Grünen, Linken und vom Bündnis Sahra Wagenknecht.

Merz hatte am Rande des G7-Gipfels in Kanada in einem ZDF-Interview mit Blick auf Israels Krieg gegen den Iran das Wort "Drecksarbeit" benutzt und gesagt: "Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle." Er könne nur sagen, "größten Respekt davor, dass die israelische Armee, die israelische Staatsführung den Mut dazu gehabt hat, das zu machen". Andernfalls "hätten wir sonst möglicherweise Monate und Jahre weiter diesen Terror dieses Regimes gesehen und dann möglicherweise noch mit einer Atomwaffe in der Hand", führte der Kanzler weiter aus.

Die Berichterstatterin der Grünen-Fraktion für den Nahen Osten und Iran, Luise Amtsberg, kritisierte sowohl die Wortwahl als auch den Inhalt seiner Aussage. Sie sagte: "Statt zynischer und ignoranter Kommentierungen durch den Bundeskanzler erwarte ich von der Bundesregierung, dass sie in dieser angespannten Lage alles unternimmt, um zu deeskalieren."

"Mehr Doppelmoral geht nicht"

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht sprach von einer Entgleisung sondergleichen. Merz "legitimiert in unverfrorener Weise einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, dem bereits Hunderte Zivilisten im Iran zum Opfer gefallen sind", sagte Wagenknecht. Das sei ein Bruch mit der Tradition der außenpolitischen Mäßigung.

Merz habe offenbar kein Problem mit einem Kriegseintritt der USA. "Dass jetzt ein Flächenbrand im Nahen Osten droht, ist dem Kanzler keine Silbe wert", sagte Wagenknecht. "Mehr Doppelmoral geht nicht."

Pellmann: "Ein Skandal"

Linken-Bundestagsfraktionschef Sören Pellmann kritisierte: "Dass Kanzler Merz jetzt das Völkerrecht über Bord wirft und in die verheerende Logik eines "Rechts des Stärkeren" einstimmt, ist ein Skandal und beschädigt Deutschlands Ansehen bei den Vereinten Nationen und darüber hinaus massiv." Merz' Äußerungen seien eine Absage an rechtsstaatliche und internationale Normen. "Den meisten von uns dürfte noch nicht klar sein, wo das enden kann", sagte Pellmann.

SPD-Politiker Stegner sagte: "Mit einer solchen Diktion suggeriert Herr Merz selbst, dass die militärische Attacke Netanjahus gegen den Iran mutmaßlich völkerrechtswidrig war." Für einen Vertreter Deutschlands sei jedwede öffentlich geäußerte Erleichterung völlig unangebracht. "Das gilt erst recht, wenn man die fraglos erheblichen Eskalationsgefahren mit einbezieht", sagte der Sozialdemokrat.

Hofreiter stößt sich an der Wortwahl

Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter sagte dem Sender Welt TV: "Ich halte die Wortwahl für ungeschickt." Im Iran seien 80 bis 90 Prozent der Menschen gegen das islamistische Regime - "und bei den Angriffen Israels auf den Iran sterben auch Zivilisten".

Deshalb solle man Worte vorsichtig wählen, meinte Hofreiter. "Aber natürlich wäre es wünschenswert für ganz viele Menschen auf dieser Welt und insbesondere auch für die Menschen im Iran und in Israel, wenn das Mullah-Regime fallen würde."

Fassungslosigkeit ausgelöst

In der deutsch-iranischen Community lösten Merz' Aussagen Fassungslosigkeit aus. "Herr Merz, SIE sind von diesem Regime überhaupt nicht betroffen. Betroffen sind zuallererst 80 Millionen Menschen im Iran, die seit 46 Jahren unter der tödlichen Unterdrückung dieses Regimes leben müssen", schrieb die Journalistin Gilda Sahebi auf Instagram.

Nicht die israelische Regierung mache die "Drecksarbeit", das täten die vielen Menschen, die sich den Machthabern widersetzten. "Auf diese Menschen hagelt es im Übrigen gerade Bomben."

AfD: "Pietätlos und schädlich"

Die AfD nannte Merz' Äußerung "pietätlos und schädlich für Deutschlands Ansehen". "Aktiv zum Krieg beizutragen, ist nicht im Interesse Deutschlands und Europas", erklärten die Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla. "Europas Politiker müssen ihre Bürger vor negativen Auswirkungen des Nahostkonflikts wie Migrationsbewegungen oder Anschlägen schützen und diplomatisch zur Friedensfindung beitragen."

Auch Kabarettist Dieter "Didi" Hallervorden kritisierte Merz' Wortwahl. Unter dem vom ZDF in seinem Instagram-Kanal geposteten Video schrieb Hallervorden den Kommentar: "Noch jemand, der umgehend vor Gericht gehört!"

Quelle: ntv.de, gut/dpa

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