Politik

Mit Regierungsbildung beauftragt Monti soll Italien retten

Monti auf dem Weg zum Staatspräsidenten, wo er mit der Regierungsbildung beauftragt wird.

Monti auf dem Weg zum Staatspräsidenten, wo er mit der Regierungsbildung beauftragt wird.

(Foto: AP)

Wie erwartet, beauftragt Italiens Präsident Napolitano den früheren EU-Kommissar Monti mit der Regierungsbildung. Der auch im Ausland angesehene Monti hat bereits die Rückendeckung der größten Oppositionspartei PD. Auch die Partei des zurückgetretenen Premiers Berlusconi kann sich eine Unterstützung vorstellen - unter Bedingungen.

Nach dem Rücktritt des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi soll der international anerkannte Wirtschaftsexperte Mario Monti den Reformstau in dem hoch verschuldeten Land beenden. Staatspräsident Giorgio Napolitano beauftragte den früheren EU-Kommissar mit der Bildung einer neuen Regierung. Monti nahm diese Aufgabe "unter Reserve" an. Zuvor hatte Napolitano ganztägig Gespräche mit Vertretern der Parteien geführt.

Berlusconi verabschiedet sich derweil von seinen Anhängern - bis zum Comeback.

Berlusconi verabschiedet sich derweil von seinen Anhängern - bis zum Comeback.

(Foto: AP)

Monti zeigte sich anschließend überzeugt, dass Italien in einer "kollektiven Anstrengung" die Krise "überwinden" könne. Italien, eines der Gründungsmitglieder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), dem Vorläufer der EU, müsse ein "Element der Stärke, nicht der Schwäche" in Europa sein, sagte Monti. Er kündigte eine rasche Regierungsbildung an. Innerhalb der kommenden Tage dürfte er rund zwölf Minister ernennen, die meisten davon Technokraten. Napolitano betonte, Italien müsse nun außergewöhnliche Anstrengungen zur Krisenabwehr unternehmen.

Die EU begrüßte die Nominierung Montis. Dies sei nach der Verabschiedung der Spargesetze in Italien ein weiteres ermutigendes Signal zur Krisenüberwindung, teilten EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Brüssel mit. Beide EU-Spitzen machten deutlich, dass die Ernennung Montis nichts an der vereinbarten wirtschaftspolitischen Überwachung Italiens durch die EU ändern werde.

"Wettlauf gegen die Zeit"

Der 68-jährige Monti soll die von Berlusconi versprochenen Reformen durchsetzen und gegen die Stagnation der Wirtschaft ankämpfen. Es gebe nun einen "Wettlauf gegen die Zeit", schrieben italienische Medien. Rasch müsse eine neue Regierung vor allem aus Fachleuten gebildet werden, um die Phase der politischen Unsicherheit zu beenden. Eine Alternative zur Übergangsregierung wären Neuwahlen. Monti war von Napolitano in der vergangenen Woche zum Senator auf Lebenszeit ernannt worden, was im Vorfeld als Zeichen gewertet wurde, dass er sehr wahrscheinlich der nächsten Regierung vorstehen würde.

Berlusconi war am Samstagabend nach 17 Jahren in der italienischen Politik von seinem Posten zurückgetreten. In Städten wie Rom, Mailand oder Bologna feierten Tausende seiner Gegner das politische Ende des Medienunternehmers. Allerdings will Berlusconi offensichtlich weiter in der Politik mitmischen. "Ich wünsche mir, gemeinsam mit Euch den Weg an die Regierung wieder aufzunehmen", schrieb Berlusconi in einem Brief an die kleine politische Formation Destra Nazionale.

Auch PDL könnte Monti stützen

Monti ist im Ausland hoch angesehen und gilt als ehrlich und solide, während der schillernde Berlusconi letztlich auch über Sexskandale stolperte. Der künftige Regierungschef hat die Rückendeckung der größten Oppositionspartei PD und der meisten Parteien der Mitte. Auch Berlusconis Partei PDL kündigte ihre grundsätzliche Unterstützung an, will diese aber von der Zusammensetzung des Kabinetts und dem künftigen Regierungsprogramm abhängig machen, wie Parteisekretär Angelino Alfana sagte. Berlusconis bisheriger Koalitionspartner, die rechtsgerichtete Lega Nord, will Monti nicht stützen.

Den ganzen Tag führte Präsident Napolitano Gespräche mit den Parteien.

Den ganzen Tag führte Präsident Napolitano Gespräche mit den Parteien.

(Foto: REUTERS)

Wichtigste Aufgabe der neuen Regierung ist es, Vertrauen am Markt zurückzugewinnen und die zuletzt stark gestiegenen Zinsen für Staatsanleihen auf ein verträgliches Niveau zu bringen. Allein bis Jahresende muss Italien Anleihen im Wert von knapp 60 Milliarden Euro bei Investoren unterbringen. Bis Oktober 2012 sind es fast 326 Milliarden. Jeder Prozentpunkt mehr an Zinsen kostet das Land Milliarden. Der Schuldenstand Italiens wird kommendes Jahr bei 120 Prozent der Wirtschaftsleistung verharren - das ist doppelt so viel wie der Euro-Stabilitätspakt erlaubt.

Champagner auf den Rücktritt

Berlusconi reichte am Samstag wie angekündigt seinen Rücktritt bei Präsident Napolitano ein. Tausende Gegner feierten auf den Straßen und verspotteten den 75-Jährigen als "Clown". Viele stießen mit Champagner auf das Ende seiner politischen Karriere an. Der in zahlreiche Sex- und Korruptionsskandale verwickelte Berlusconi dominierte die italienische Politik 17 Jahre lang. Kein anderer Ministerpräsident war in Italien länger im Amt.

Berlusconi kündigte bereits am Dienstag seinen Rücktritt an, auch weil immer mehr Anhänger ihre Gefolgschaft aufkündigten. Er hatte zuletzt keine Mehrheit mehr im Parlament. Berlusconi hatte als Premier zahlreiche Rücktrittsforderungen zurückgewiesen und seit 2008 über 50 Vertrauensabstimmungen überstanden. Das Abgeordnetenhaus verabschiedete am Samstag ein neues Sparpaket und erfüllte damit die von Berlusconi genannten Voraussetzungen für einen Rücktritt. Das Sparpaket sieht unter anderem die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre und die Privatisierung von Staatseigentum vor.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, der Beschluss im Parlament sei sehr erfreulich. "Auf dieser Grundlage hoffe ich, dass das Vertrauen in das Land Italien zurückkehrt, was dringend notwendig ist, damit wir insgesamt in der Euroregion eine Beruhigung bekommen."

Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen