Zerbricht die Koalition noch 2012? "Mutti" bringt die Jungs auf Linie
02.06.2012, 08:33 Uhr
Die Kommentatoren sind voller Häme: Mutti wolle ihre Jungs auf Linie bringen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Im Herbst 2013 stehen Neuwahlen an. Nach Umfragen würde die Regierung Merkel abgewählt. Die Wähler spüren den Verdruss in der Koalition - alles wird zerredet, Politiker reiben sich auf, Minister werden ausgetauscht. Am Montag will die Kanzlerin ihre Mitspieler auf Linie bringen. Gelingt es ihr nicht, sind die Messen für Schwarz-Gelb gesungen.
Wenn die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel am Montag mit Horst Seehofer (CSU) und Philipp Rösler (FDP) zum Sechs-Augen-Gespräch zusammenkommt, soll es um die ganz großen Linien und um die nächsten Zukunftsprojekte der schwarz-gelben Koalition gehen. Doch so manch einer im Regierungsbündnis wäre schon froh, wenn man sich wenigstens bei der Dauerbaustelle Betreuungsgeld endlich einig wäre. Denn mit den von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und den fehlenden Milliarden für den Straßenausbau liegt zugleich ein neues Streitthema auf dem Tisch.
Und dann gibt es auch noch die von der FDP vorgeschlagene Abschaffung der Praxisgebühr, das Dauer-Streitthema Vorratsdatenspeicherung, die Förderung der privaten Pflegevorsorge und der Clinch mit der Opposition über den Fiskalpakt. Ähnliches gilt für die Steuerpolitik Auch beim Thema Mindestlohn liegen die Koalitionäre über Kreuz. Ungelöst ist ebenso die Frage, wie mit den Milliardenüberschüssen der gesetzlichen Krankenversicherung umgegangen werden soll.
Tatsächlich haben sich in der Koalition viel Arbeit und Ärger aufgestaut. Erwartet wird, dass die Parteivorsitzenden vereinbaren, die wesentlichen Streitpunkte vor der Parlamentspause abzuräumen, um eine politische Selbstzerfleischung zu vermeiden.
Die Entscheidung "fällt noch 2012"
So entscheidet sich nach Ansicht des CSU-Politikers Stefan Müller die Zukunft der schwarz-gelben Koalition nicht erst mit der Bundestagswahl 2013, sondern bereits in diesem Jahr. Dem Treffen am Montag maß der Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag dafür hohe Bedeutung zu. "Am Montag werden alle noch offenen Fragen angesprochen und Lösungen besprochen", sagte Müller. "Klar ist: Die Regierungsfähigkeit der christlich-liberalen Koalition im Jahr 2013 wird sich 2012 entscheiden", sagte Müller. "Wir werden Erfolg haben, wenn wir einerseits Handlungsfähigkeit beweisen und andererseits den nötigen Zusammenhalt aufbringen. Der war in den vergangenen Monaten nicht immer optimal."
"Es gibt eine Menge Falsches zu vermeiden."
Auch Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt forderte die Bundesregierung auf, bis zur Wahl 2013 "die verbleibenden 15 Monate intensiv zu nutzen". Die schwarz-gelbe Koalition brauche mehr Geschlossenheit, um Lösungen zu finden, sagte Hundt der "Welt am Sonntag". Anstehende, zu lange verschobene Entscheidungen müssten endlich getroffen und wichtige Weichenstellungen vorgenommen werden. "Es gibt eine Menge zu tun. Vor allem gibt es eine Menge Falsches zu vermeiden."
Hundt ließ sich in dem Interview auch nicht entgehen, das geplante Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder nicht ein Kita bringen, als "arbeitsmarkt- und bildungspolitisch verkehrt" zu bezeichnen. "Wir bemühen uns darum, mehr Frauen in Beschäftigung zu bringen. (...) Mit dem Betreuungsgeld wird aber geradezu ein Anreiz geschaffen, dem Arbeitsmarkt fernzubleiben."
Auch die Umsetzung der Energiewende ist Hundt ein Dorn im Auge. Er beklagte, dass es für den Bau von Gas- und Kohlekraftwerken, den Leitungsaus- und -neubau sowie die Erhöhung der Speicherkapazität noch "keinen detaillierten, realistischen Masterplan" gebe. Erneut machte er sich für die Gründung eines Energieministeriums stark: "Dort ließe sich die Arbeit zentral vorantreiben, koordinieren und überwachen."
Da überrascht es umso mehr, dass für das Gespräch zur Mittagszeit gerade mal zwei Stunden angesetzt sind. Von den Teilnehmern wird im Vorfeld daher vor allem auf den Symbolwert des Treffens verwiesen. Es geht wohl nur darum, atmosphärische Störungen auszuräumen.
Quelle: ntv.de, ppo/rts/dpa