Südkorea in erhöhter Alarmbereitschaft Nordkorea bestätigt Atomwaffentest
09.09.2016, 06:58 Uhr
Südkoreanische Seismologen messen Erschütterungen in der Nähe des nordkoreanischen Testgeländes.
(Foto: AP)
Südkorea und Japan vermuten es bereits - Nordkorea bestätigt seinen fünften Atomwaffentest. Von einem "neu entwickelten Atomsprengkopf" ist die Rede. Seoul verstärkt nun die Sicherheitsmaßnahmen, selbst China protestiert scharf.
Nur acht Monate nach seinem weltweit verurteilen vierten Atomversuch hat Nordkorea die Zündung einer weiteren Atombombe bestätigt. Es habe sich um einen "erfolgreichen" Atomwaffentest gehandelt, berichtete das staatliche Fernsehen. Bei dem Test sei ein "neu entwickelter Atomsprengkopf" zur Explosion gebracht worden, hieß es in dem Bericht. Der Test habe den Beweis erbracht, dass Nordkorea in der Lage sei, einen Atomsprengkopf auf eine Trägerrakete zu montieren, berichtete die Staatsagentur KCNA.
Zuvor waren bereits Südkorea und Japan wegen eines Erdbebens davon ausgegangen, dass Nordkorea einen neuen Atomtest unternommen hat. Nach Angaben der südkoreanischen Regierung handelte es sich um den bislang stärksten Atomwaffentest. Es werde derzeit analysiert, ob Nordkorea Plutonium als Ausgangsstoff verwendet habe oder ob es eventuell eine Wasserstoffbombe gewesen ist, hieß es aus dem Verteidigugsministerium.
Die Streitkräfte Südkoreas hätten ihre Alarmbereitschaft verstärkt, hieß es. Das Land berief den Nationalen Sicherheitsrat ein. Bei der Dringlichkeitssitzung werde die Auswirkung des möglichen Tests besprochen, sagte ein Sprecher des Präsidialamts in Seoul.
Scharfe Kritik aus China
Nordkoreas traditioneller Verbündeter China protestiert gegen den neuen Atomversuch. Das chinesische Außenministerium versicherte Pekings "entschiedenen Widerstand" gegen den unterirdischen Versuch, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. China dränge Nordkorea, seine Verpflichtungen für eine koreanische Halbinsel ohne Atomwaffen und für Frieden und Stabilität in Nordostasien einzuhalten. Das Umweltministerium begann einen Notfallplan und Messungen von Radioaktivität an der Grenze zum Nachbarland. Über erhöhte Werte wurde zunächst nichts berichtet.
Japan reagierte mit Sorge auf die Berichte. Sollte sich der Test bestätigen, werde Tokio eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats beantragen, berichtete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo. So etwas könne nicht geduldet werden, wurde Ministerpräsident Shinzo Abe zitiert. "Wir müssen schärfsten Protest einlegen." Nordkoreas atomare Entwicklung "wird zu einer immer schwereren Bedrohung der Sicherheit Japans und untergräbt den Frieden und die Sicherheit in der Region". Die japanische Regierung kündigte die Entsendung von Spezialflugzeugen an, die Luftproben entnehmen und auf Radioaktivität prüfen sollten. Japan werde jetzt neue Sanktionen gegen Pjöngjang erwägen, sagte Regierungssprecher Yoshihide Suga.
Auch US-Präsident Barack Obama warnte die Führung in Pjöngjang vor "ernsthaften Konsequenzen". Obama habe mit den Regierungschefs von Südkorea und Japan telefoniert, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, in Washington. Der US-Präsident werde in den kommenden Tagen "weiter mit unseren Verbündeten und Partnern beraten, um sicherzustellen, dass provokativen Aktionen Nordkoreas mit ernsthaften Konsequenzen begegnet wird". Frankreichs Präsident François Hollande verurteilte den fünften Atomwaffentest und rief den UN-Sicherheitsrat auf, auf "diese Verletzung seiner Resolutionen" zu reagieren.
Nach Angaben Südkoreas wurden Erschütterungen der Stärke 5,0 im Gebiet des nordkoreanischen Testgeländes Pyunggye-Ri im Nordosten festgestellt. Die US-Erdbebenwarte USGS berichtete von einer "Explosion" in der Region. Die Stärke habe bei 5,3 gelegen. Die UN-Behörde zur Überwachung des internationalen Kernwaffenteststopp-Abkommens (CTBTO) sprach von einem "unüblichen seismischen Ereignis". Nach Angaben des südkoreanischen Militärs lag die Explosionskraft des Atomsprengkörpers bei zehn Kilotonnen und damit höher als bei allen bisherigen Tests durch Nordkorea.
"Manische Rücksichtslosigkeit"
Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye verurteilte Nordkoreas Verhalten als Provokation, die stärkere internationale Sanktionen nach sich ziehen werde. Der Führung des Nordens warf sie "manische Rücksichtslosigkeit" vor, mit der sie "ihren Weg zur Selbstzerstörung" beschleunigte. Seoul werde "alle möglichen Mittel" ergreifen, um Pjöngjang zum Verzicht auf sein Atomprogramm zu zwingen, wurde Park, die sich in Laos aufhielt, von der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap zitiert.
Auf dem nordkoreanischen Testgelände im Nordosten des Landes hatte das wegen seines Atomprogramms international isolierte Land bereits seit 2006 vier Atomtests unternommen, einschließlich eines Versuchs im Januar dieses Jahres. Nordkorea hatte damals vom Test einer Wasserstoffbombe gesprochen. Diese Angaben wurden jedoch von Experten in Südkorea und den USA angezweifelt. Der UN-Sicherheitsrat hatte wegen des Tests und eines umstrittenen Raketenstarts die Sanktionen gegen das kommunistische Regime in Pjöngjang verschärft. Sie verbieten dem Regime unter anderem Atomversuche und Tests mit ballistischen Trägerraketen.
Der neue Atomversuch erfolgte nun nach wiederholten Drohungen gegen Südkorea und die USA sowie nach einer Reihe von Tests mit ballistischen Raketen in den vergangenen Monaten. Erst am Montag hatte Nordkorea erneut Mittelstreckenraketen gestartet und damit den Gipfel der Staats- und Regierungschefs der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) im ostchinesischen Hangzhou belastet. Ziel des Machthabers Kim Jong Un ist es, Atomraketen zu entwickeln, die die USA erreichen können.
Quelle: ntv.de, mli/AFP/dpa