Betrugsverdacht beim Referendum OSZE wirft Ankara mangelnde Hilfe vor
19.04.2017, 08:21 Uhr
Dutzende Menschen protestierten vor dem Gebäude der türkischen Wahlkommission in Ankara.
(Foto: AP)
Nach dem Referendum in der Türkei sollen Wahlbeobachter massive Vorwürfe der Manipulation prüfen. Doch von einer Bereitschaft zur Kooperation seitens der Regierung könne "keine Rede sein", beklagt die OSZE. Stattdessen geht Ankara auf Konfrontationskurs.
Der oberste Wahlbeobachter der OSZE hat der türkischen Regierung einen Mangel an Kooperationswillen bei der Klärung der Manipulationsvorwürfe beim Verfassungsreferendum vorgeworfen. "Von einer Kooperation kann leider keine Rede sein", sagte Michael Link, der bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte leitet.
Die Verlängerung des Ausnahmezustands und die Äußerungen der Wahlkommission, die bereits jetzt die Manipulationsvorwürfe strikt zurückgewiesen hat, sprächen "eine eindeutige Sprache", sagte Link dem Redaktions-Netzwerk Deutschland. Er wies Anschuldigungen aus Ankara zurück, OSZE-Vertreter seien bei der Beobachtung der Abstimmung voreingenommen gewesen. "Die jetzt öffentlich vorgebrachten Zweifel an unserer Neutralität sind eindeutig politisch motiviert."
Zu einer möglichen Änderung des Ergebnisses nach einer Überprüfung der Wahlzettel wollte sich Link nicht äußern. Allerdings übte er deutliche aber Kritik an der Wahlkommission: "Fest steht, dass die kurzfristige Entscheidung der Wahlkommission, falsch oder gar nicht gestempelte Wahlzettel als gültig zu werten, ein Verstoß gegen türkisches Recht darstellt."
Kein fairer Wahlkampf
Rein technisch sei das Referendum in der Türkei "ordentlich abgelaufen", befand Link. Im Vorfeld seien jedoch nationale und internationale Standards verletzt worden. "Im Wahlkampf gab es eine klare Benachteiligung des Nein-Lagers", sagte Link. "Ein weiteres ernsthaftes Problem waren und sind die Einschränkungen der Pressefreiheit."
Link forderte die internationale Gemeinschaft auf, "dass man diese Missstände offen anspricht und die türkische Regierung eindringlich an ihre in der OSZE und anderen internationalen Organisationen eingegangenen demokratischen und menschenrechtlichen Verpflichtungen erinnert".
Cavusoglu: Wahlbeobachter haben Vorurteile
Die türkische Regierung möchte die Vorwürfe nicht auf sich sitzenlassen - und übt ihrerseits Kritk. "Ihr könnt nicht in die Türkei kommen und Euch in ihre Politik einmischen", sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu an die Adresse der Beobachter der OSZE und des Europarates. "Ihr habt weder so eine Pflicht, noch so eine Aufgabe." Das Referendum sei "transparent" verlaufen. In dem vorläufigen Bericht der Beobachter gebe es "eine Vielzahl an technischen und konkreten Fehlern und da sehen wir eine Absicht dahinter", sagte Cavusoglu.
Die Wahlbeobachter seien schon mit vorgefertigten Meinungen angereist. "Wenn Ihr mit Vorurteilen in ein Land kommt, dann werden Eure Feststellungen immer falsch sein." Die Feststellungen der Wahlbeobachter seien "äußerst parteiisch", sagte er. "Und so haben sie auch überhaupt keine Geltung und keinen Wert."
Quelle: ntv.de, jug/ara/AFP/dpa