Politik

ÖVP und Grüne koalieren Österreich wagt wohl das Experiment

Sie steckten die Eckpfeiler für den politischen Großversuch ab - die Verhandlungsführer von ÖVP und Grünen.

Sie steckten die Eckpfeiler für den politischen Großversuch ab - die Verhandlungsführer von ÖVP und Grünen.

(Foto: imago images/photonews.at)

Österreich wird zum Testfall für ein neues politisches Bündnis auf höchster Ebene. In der Alpenrepublik steuert Sebastian Kurz auf seine zweite Amtszeit zu - und muss dafür ein Wagnis eingehen. Seine geplante Koalition mit den Grünen wird in Berlin genau beobachtet werden.

Die konservative ÖVP und die Grünen haben sich in Österreich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Das teilten Vertreter beider Seiten nach den abschließenden Verhandlungen mit. Das Übereinkommen muss am Wochenende noch vom Bundeskongress der Grünen mit fast 300 Delegierten abgesegnet werden. Eine schwarz-grüne Regierung wäre in Österreich auf Bundesebene eine Premiere. Dem Bündnis wird bereits jetzt Symbol-Charakter für Deutschland und andere europäische Länder zugesprochen.

ÖVP-Chef Sebastian Kurz wagt nach eineinhalb Jahren in einer aus dem Ausland stets kritisch beäugten Regierung mit der rechten FPÖ nun einen Richtungswechsel. Dass die Verhandlungen erfolgreich enden würden, hatte sich schon in den vergangenen Tagen abgezeichnet.

Neues Ministerium und Superressort

Zu den Überraschungen bei den Ministerplänen gehört die Neueinrichtung eines Integrationsministeriums, dessen Leitung Susanne Raab übernehmen soll. Die Kurz-Vertraute war bisher Leiterin der Integrationssektion im Außenministerium. Kurz lobte sie als "junge und sehr erfahrene Integrationsexpertin".

Die Grünen erhalten derweil ein Superministerium, in dem die Themen Umwelt, Verkehr und Infrastruktur, Energie, Technologie und Innovation zusammengeführt werden. Als Ministerin ist Leonore Gewessler vorgesehen. Die 43-Jährige leitete die Umwelt-NGO Global 2000, bis Grünen-Chef Werner Kogler sie zu einer Kandidatur für die Grünen bei der Nationalratswahl im September überzeugen konnte.

Im Verteidigungsministerium wird in Klaudia Tanner, derzeit Bauernbunddirektorin im Bundesland Niederösterreich, erstmals eine Frau Chefin. Innenminister wird der bisherige Generalsekretär Karl Nehammer. Mit Außenminister Alexander Schallenberg darf auch ein Mitglied der Expertenregierung, die seit dem Misstrauensvotum gegen die Regierung Kurz I die Geschäfte führt, im Kabinett bleiben. Während die Parteien schon zahlreiche Personalien vor der Einigung bekannt machten, hielten sie sich zu politischen Inhalten bedeckt.

Thematisch weit auseinander

Die Neuwahl und die Koalitionsverhandlungen waren nötig geworden, nachdem die rechtskonservative ÖVP-FPÖ-Regierung nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos zerbrochen war. Bei der Wahl im September konnten ÖVP und Grüne dann deutliche Gewinne verbuchen, während die sozialdemokratische SPÖ und die FPÖ viele Wählerstimmen verloren. Damit standen bereits am Wahlabend die Zeichen auf Schwarz-Grün in der Alpenrepublik. 

Beide Parteien betonten während der Verhandlungen, dass es zwischen ihnen große Unterschiede gebe und entsprechend große Hürden auf dem Weg zu einem Bündnis überwunden werden müssten. Während Kurz neue Steuern ablehnt, auf einen Anti-Migrationskurs Wert legt und wirtschaftsnah regieren will, benannten die Grünen den Klimaschutz, den Kampf gegen die Kinderarmut und mehr Transparenz als ihre wichtigsten Punkte.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa/AFP

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