Politik

Selbstbestimmung in Gefahr? Petry warnt vor DDR-Verhältnissen

"Es war gefährlich, seine Meinung zu sagen": Die AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry spricht im Kursaal in Stuttgart zu Parteianhängern.

"Es war gefährlich, seine Meinung zu sagen": Die AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry spricht im Kursaal in Stuttgart zu Parteianhängern.

(Foto: dpa)

Zum Tag der deutschen Einheit kann die "Alternative für Deutschland" rund 300 Zuhörer in einen Festsaal in Stuttgart locken. Vom Rednerpult aus zeichnen Spitzenvertreter der AfD das Schreckensbild eines übermächtigen Staates.

Die AfD sieht die Selbstbestimmung der Bürger in Europa und Deutschland in Gefahr. Die europäische Idee des Individuums falle dem alles bestimmenden Staat zum Opfer, sagte der AfD-Europaparlamentarier Marcus Pretzell am Abend bei einer Feier seiner Partei zum Tag der Deutschen Einheit in Stuttgart. "Eine angestrebte Umkehr dieses europäischen Gedankens werden wir nicht dulden."

Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry zog bei der Veranstaltung in der baden-württembergischen Landeshauptstadt Parallelen zur DDR. Dort sei die Politik durch ideologische Wunschvorstellungen bestimmt gewesen, die "Politikerkaste" sei abgehoben gewesen und habe die Probleme der Bürger ignoriert. Die Medien hätten nicht die Realität dargestellt.

"Kommt Ihnen das bekannt vor?"

"Es war gefährlich, seine Meinung zu sagen", sagte Petry im Kursaal am Stuttgarter Königsplatz und fügte als rhetorische Frage an die rund 300 Gäste hinzu: "Kommt Ihnen das bekannt vor?" Die AfD werde dafür eintreten, dass solche Zustände nicht "auf leisen Sohlen wieder zurückkehren".

Vor dem Veranstaltungslokal skandierten bis zu 300 Demonstranten "Nazis raus" und "Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda". Nach Polizeiangaben kam es vereinzelt zu "Provokationen zwischen Teilnehmern der AfD-Veranstaltung und mutmaßlich dem linken Spektrum zuzurechnenden Demonstranten". Ein Polizist wurde bei dem Einsatz leicht verletzt. Ein Demonstrationsteilnehmer wurde vorläufig festgenommen. Der Stadtbahnverkehr entlang der Tagungshalle musste zeitweise eingestellt werden.

Der offizielle Festakt zum Tag der deutschen Einheit war zuvor in Dresden unter teils lautstarken Pöbeleien zu Ende gegangen. Demonstranten bemühten sich, die Feierlichkeiten mit Zwischenrufen zu stören und ihren Unmut zu bekungen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach dennoch von einem Tag der Freude und Dankbarkeit und rief zu gegenseitigem Respekt auf. Bundestagspräsident Norbert Lammert warb beim Festakt in der Semperoper für ein weltoffenes, vielfältiges und optimistisches Deutschland. "Wir leben in Verhältnissen, um die uns fast die ganz Welt beneidet", sagte er.

5000 von 450.000

Die Kanzlerin, Bundespräsident Joachim Gauck und andere Gäste wurden vor dem Festakt von mehreren hundert Demonstranten beschimpft und angepöbelt, darunter vor allem Anhänger des fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses. Sie riefen "Volksverräter", "Haut ab" und "Merkel muss weg". Auch Trillerpfeifen ertönten. Die Frau des sächsischen Wirtschaftsministers Martin Dulig brach in Tränen aus, als sie durch die aufgebrachte Menge ging.

Nach dem Festakt nahmen 4000 bis 5000 Menschen an einem Pegida-Aufmarsch quer durch die Stadt teil. Zu Zusammenstößen mit Gegendemonstranten kam es dabei nicht. 2600 Polizisten waren im Einsatz. Einer Bilanz der sächsischen Landesregierung zufolge kamen rund 450.000 Menschen zum Bürgerfest und damit weniger als erwartet. Ursprünglich hatte die Staatskanzlei mit etwa 750.000 Besuchern gerechnet.

Merkel ging in einer kurzen Stellungnahme am Rande des Festaktes nicht direkt auf die Störer ein, rief aber zur Dialogbereitschaft auf. 26 Jahre nach der Wiedervereinigung gebe es neue Probleme, sagte sie. "Und ich persönlich wünsche mir, dass wir diese Probleme gemeinsam, in gegenseitigem Respekt, in der Akzeptanz sehr unterschiedlicher politischer Meinungen lösen und dass wir auch gute Lösungen finden."

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

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