Regierungschef warnt seine Gegner Polizei befragt Ministerpräsident Netanjahu
03.01.2017, 01:10 Uhr
Benjamin Netanjahu bei einer Besprechung seiner Likud-Partei im israelischen Parlament.
(Foto: imago/UPI Photo)
Benjamin Netanjahu soll von Geschäftsleuten illegale Geschenke angenommen haben. In seiner Residenz befragen Ermittler der Polizei den israelischen Ministerpräsidenten erstmals zu den Vorwürfen. Äußerlich gibt sich der Regierungschef gelassen.
In Israel hat die Polizei Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wegen des Vorwurfs der Vorteilsnahme im Amt befragt. Mitarbeiter des Sonderermittlungsteams Lahav 433, bekannt auch als "israelisches FBI", hätten den 67-Jährigen am Montagabend in dessen Jerusalemer Residenz aufgesucht, hieß es. Nach Ansicht von Generalstaatsanwalt Avischai Mandelblit gebe es genügend Hinweise, um strafrechtliche Ermittlungen einzuleiten.
Dem Regierungschef wird vorgeworfen, von zwei Geschäftsleuten Vergünstigungen im Gesamtwert von Hunderttausenden Euro angenommen zu haben. Nach Informationen der Zeitung "Haaretz" hat ein US-Unternehmer zugegeben, Netanjahu einen Anzug und seinem Sohn Jair einen Auslandsaufenthalt geschenkt zu haben.

Hat Generalstaatsanwalt Mandelblit (r.) die Ermittlungen gegen Netanjahu verschleppt oder wurde er dazu gedrängt?
(Foto: REUTERS)
Netanjahu wies die Vorwürfe noch schon vor der Befragung auf Facebook als haltlos zurück. Seine Gegner sollten sich nicht zu früh freuen, sagte er in einem Video. "Wir sehen und hören die festliche Stimmung in den Fernsehstudios und in den Fluren der Opposition", erklärte der Regierungschef weiter. "Ich möchte ihnen sagen, dass sie mit ihren Feiern warten müssen. Es wird nichts geben, weil es nichts gibt."
An die Adresse der Opposition fügte Netanjahu hinzu: "Ihr werdet weiter Ballons mit heißer Luft füllen und wir werden weiter den Staat Israel lenken."
Netanjahu kennt sich aus
Netanjahu ist mit Affären und Ermittlungen in seinem Umfeld vertraut. So leitete der israelische Generalstaatsanwalt im November eine Untersuchung gegen einen Vertrauten des Regierungschefs wegen Vetternwirtschaft ein. Hintergrund ist der Kauf von drei U-Booten aus deutscher Produktion. Der Anwalt der Familie Netanjahu, David Schimron, soll auch den israelischen Vermittler der Marinesparte von ThyssenKrupp vertreten.
Im Juni räumte Netanjahu eine Geldspende eines Geschäftsmannes ein, der später in Frankreich wegen millionenschweren Steuerbetrugs beim Emissionshandel zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Netanjahus Büro betonte aber, die Spende habe nicht gegen geltendes Recht verstoßen.
Während seiner ersten Amtszeit gab es eine Untersuchung wegen Korruptionsvorwürfen gegen ihn und seine Frau. Sie wurde jedoch im Jahr 2000 eingestellt, weil die Beweise nicht für eine Erfolg versprechende Anklage ausreichten. Der damalige Generalstaatsanwalt Eliakim Rubinstein hatte Netanjahus Verhalten dennoch ungewöhnlich harsch kritisiert. Die Polizei hatte zuvor Anklage gegen Netanjahu, seine Frau und führende Beamte seines Büros empfohlen.
Generalstaatsanwalt von Netanjahus Gnaden?
Bevor die Ermittler in Netanjahus Residenz eintrafen, wurden laut israelischen Medienberichten bereits 50 Zeugen befragt. Dazu habe auch der Präsident des Jüdischen Weltkongresses gezählt, Ronald Lauder. Er soll Reisen Netanjahus finanziert haben.
Debattiert wird seit längerem auch über die Rolle von Generalstaatsanwalt Mandelblit, der mit Netanjahus Unterstützung ins Amt gekommen war. Er soll die Ermittlungen gegen Netanjahu nach Ansicht von Kritikern um Monate verschleppt haben. Anhänger von Netanjahu behaupten hingegen, der Generalstaatsanwalt sei durch eine "Medienkampagne" dazu bewegt worden, die polizeilichen Ermittlungen gegen den Regierungschef in Gang zu setzen.
Netanjahu war erstmals von Mai 1996 bis Mai 1999 israelischer Ministerpräsident. Im Anschluss war er Außenminister, Finanzminister und Oppositionsführer. Seit 2009 ist er erneut Regierungschef.
Quelle: ntv.de, chr/AFP/rts/dpa