Britischer Soldat brutal getötet Polizei nimmt weitere Verdächtige fest
23.05.2013, 20:36 Uhr
Vor der Kaserne legen Menschen in Erinnerung an den getöteten Soldaten Blumen nieder.
(Foto: Reuters)
Im Zuge der Ermittlungen zur Ermordung eines Soldaten in London nimmt die Polizei zwei weitere Verdächtige fest. Sie stehen unter dem Verdacht der Beihilfe zum Mord. Derweil wird mehr über den getöteten Soldaten bekannt. Premier Cameron bestätigt, dass die mutmaßlichen Täter den Sicherheitsbehörden bereits bekannt waren.
Einen Tag nach dem Mord an einem britischen Soldaten auf offener Straße sind zwei weitere Verdächtige festgenommen worden. Wie die Polizei in London mitteilte, handelt es sich um eine 29-jährige Frau und einen gleichaltrigen Mann. Sie stehen unter dem Verdacht der Beihilfe zum Mord. Sie würden von der Polizei in London verhört, hieß es weiter.
Kurz nach dem brutalen Angriff auf den 25 Jahre alten Soldaten am Mittwoch im Londoner Stadtteil Woolwich waren zwei Männer am Tatort von der Polizei angeschossen und unter Mordverdacht festgenommen worden. Sie hatten blutverschmierte Hände und die mutmaßlichen Tatwaffen in der Hand. Sie sollen 22 und 28 Jahre alt sein und wurden zunächst weiter in Krankenhäusern behandelt. Einer der mutmaßlichen Täter soll in Lebensgefahr schweben.
Das Opfer gehörte nach offiziellen Angaben dem "Royal Regiment of Fusiliers", einem Infanterie-Regiment der britischen Armee, an, wo er im Musikkorps die Trommel schlug. Er war Vater eines zweijährigen Sohnes und nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums 2009 in Afghanistan und danach auch im deutschen Celle stationiert. "Wir haben einen mutigen Soldaten verloren", sagte Cameron. Seine Gedanken seien bei der Familie des Opfers.
Die beiden festgenommenen mutmaßlichen Täter waren den britischen Sicherheitskräften bereits bekannt. Dies bestätigte Premierminister David Cameron nach einer zweiten Sondersitzung des Krisenstabs der Regierung. Weitere Details wollte er mit Verweis auf die noch laufenden Ermittlungen nicht nennen. Der Sender BBC berichtete unter Verweis auf nicht näher genannte Quellen, sie seien in den vergangenen Jahren mehrfach ins Visier von Ermittlern geraten, hätten aber nicht im Verdacht gestanden, einen Anschlag zu planen.
"Verrat am Islam"
Die britische Regierung behandelt den Fall als eine mögliche Terrorattacke. "Wir werden uns niemals dem Terror oder dem Terrorismus ergeben", erklärte Cameron weiter. "Dies war nicht nur ein Angriff auf Großbritannien und unseren Lebensstil, sondern auch ein Verrat am Islam und der muslimischen Gemeinschaft, die so viel für unser Land tut." Ihr Ziel sei es, die Gesellschaft zu spalten. Dies werde jedoch nicht gelingen, sondern die Menschen näher zusammenbringen und stärker machen. Cameron riet den Bürgern, sich weiter normal zu verhalten. Dies sei eine der besten Möglichkeiten, Terrorismus zu besiegen.
Mehrere muslimische Gruppen in Großbritannien verurteilten den Angriff aufs Schärfste. Eine solche barbarische Tat habe keinerlei Basis im Islam, hieß es vom britischen Muslimrat. Alle Menschen und Gruppen, egal ob muslimisch oder nicht, müssten nun zusammenhalten. Die Polizei müsse dafür sorgen, dass die Stimmung nicht hochkoche.
Bei den Verdächtigen soll es sich nach Angaben aus Regierungskreisen um britische Staatsbürger mit Verbindungen nach Nigeria handeln. Sie seien zu einer radikalisierten Form des Islam konvertiert. Es sei aber nicht davon auszugehen, dass sie Kontakt zu radikalen, islamistischen Terrorgruppen wie Boko Haram in Nigeria gehabt hätten. Britische Medien berichteten, die Polizei habe die Wohnungen von Verwandten der Männer in London und in einem Dorf nahe der ostenglischen Stadt Lincoln durchsucht.
Video nach der Tat aufgenommen
Der getötete Soldat war Medienberichten zufolge zunächst mit einem Auto angefahren worden. Danach sollen die beiden Verdächtigen ihr Opfer mit Waffen attackiert haben. Dann hätten die beiden Angreifer auf den Soldaten eingestochen und versucht, ihn zu enthaupten, berichteten Zeugen. Laut Augenzeugen versuchten die Männer nach der Tat nicht, zu flüchten. Offenbar warteten sie auf das Eintreffen der Polizei.
In einem Video eines Passanten, das unmittelbar nach der Tat gefilmt worden sein soll, nimmt ein Mann mit einem Messer und einem Fleischerbeil in seinen blutverschmierten Händen sogar Stellung zu der Tat. Er stößt Drohungen aus im Namen Allahs. "Wir schwören bei Allah, dass wir niemals aufhören werden, gegen euch zu kämpfen", ruft er. "Dieser britische Soldat ist ein Auge für ein Auge, ein Zahn für ein Zahn", zitierte er das Alte Testament. Zugleich entschuldigte er sich dafür, dass Frauen die Tat mit ansehen mussten. "Aber in unserem Land müssen Frauen das gleiche ansehen", sagte er. "Ihr werdet nie sicher sein, stürzt eure Regierung". Als Grund für die Attacke gab einer der Verdächtigen Medienberichten zufolge an, dass er den Soldaten für den Tod von Muslimen in Afghanistan verantwortlich mache. "Ich habe ihn getötet, weil er Muslime getötet hat", sagte er einer Augenzeugin laut dem "Daily Telegraph".
Bei einem der Täter soll es sich Medienberichten zufolge um einen 28 Jahre alten Londoner handeln. Er sei in der Gegend aufgewachsen und besuche eine Universität im nahen Greenwich, hieß es. Der Überfall ereignete sich am Rande der großen Royal-Artillery-Kaserne in Woolwich. In Nigeria selbst kämpfen die Behörden seit Jahren gegen einen Aufstand radikaler Islamisten. Es gebe aber keine Hinweise darauf, dass die beiden Messer-Attentäter eine Verbindung zu Gruppen in Westafrika hätten, hieß es in nigerianischen Sicherheitskreisen.
"Absolut keine Rechtfertigungen für solche Taten"
Die britische Innenministerin Theresa May sagte nach der ersten Sitzung des Sicherheitskabinetts, es sei ein Anschlag "auf alle in Großbritannien" gewesen. Königin Elizabeth, die der Londoner Kaserne Ende Mai einen Besuch abstatten wollte, äußerte sich "besorgt" über den Angriff, wie ein Palastsprecher mitteilte. US-Präsident Barack Obama bezeichnete den Mord als entsetzlich. "Es kann absolut keine Rechtfertigungen für solche Taten geben", sagte er laut einer Mitteilung.
Indes stieg vor dem in Deutschland mit Spannung erwarteten Champions-League-Endspiel in London die Terrorangst. Die Sicherheitsvorkehrungen im Umfeld der Kaserne in Woolwich sowie an anderen britischen Militäreinrichtungen wurden verstärkt. Sollte sich der Terrorverdacht erhärten, wäre es der erste nennenswerte Terrorakt auf britischem Boden, seit 2005 bei Anschlägen auf U-Bahnen und Busse 52 Menschen ums Leben gekommen waren. Die Regierung hob die Terrorwarnstufe in London aber zunächst nicht an. Sie bleibt bei "Substanziell". Das deutet darauf hin, dass zum Champions-League-Finale nicht mit erhöhter Terrorgefahr gerechnet wird.
Die Finalteilnehmer Borussia Dortmund und Bayern München erklärten, trotz des Vorfalls ohne Bedenken nach London zu reisen. "Unsere Sicherheitsleute sind bereits in London", sagte Bayern-Mediendirektor Markus Hörwick. Sie stünden in Kontakt mit den dortigen Sicherheitsbehörden. Auch der BVB hält an seinem Ablaufplan fest. "Alles wie geplant. Wir sind ohnehin sehr vorsichtig und haben zum Beispiel niemandem unsere Hotels genannt", teilte Vereinssprecher Sascha Fligge mit.
Nach der Attacke kam es in Großbritannien auch zu islamfeindlichen Aktionen. Ein 43-Jähriger wurde festgenommen, als er mit einem Messer in eine Moschee in der Hauptstadt eindrang, wie ein Abgeordneter auf Twitter berichtete. Ein zweiter Mann wurde wegen Verdachts auf rassistisch motivierte Sachbeschädigung im Südosten des Landes festgenommen. Laut der BBC stießen zudem etwa 250 Anhänger der rechten Gruppierung mit dem Namen Englische Verteidigungsliga in Woolwich mit der Polizei zusammen.
Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP/rts