Nach der Wahl in der Ukraine Poroschenko und Jazenjuk wollen koalieren
28.10.2014, 07:51 Uhr
Zettelwirtschaft: Die Ukrainer zählen die Stimmen aus - bislang haben sie die Hälfte geschafft.
(Foto: dpa)
Die Ukrainer haben gewählt - Präsident Poroschenko und Ministerpräsident Jazenjuk liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Doch das könnte bald vorbei sein. Die beiden starken Männer in Kiew setzen sich an einen Tisch, um zu verhandeln.
Nach ihrem klaren Sieg bei der Parlamentsneuwahl haben die EU-freundlichen Parteien Koalitionsverhandlungen aufgenommen. Das prowestliche Bündnis um Poroschenko sondierte mit der Volksfront von Ministerpräsident Arseni Jazenjuk Möglichkeiten für eine gemeinsame Regierung. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) bewertete die Wahl vom Sonntag in Kiew als demokratisch und Fortschritt. Die Bundesregierung und die EU sprachen von einem Sieg der Demokratie - und forderten weitere Reformen und eine friedliche Lösung des Konflikts in der Ostukraine.
Nach Auszählung von mehr als der Hälfte der Stimmzettel kamen der Poroschenko-Block und Jazenjuks Volksfront jeweils auf mehr als 21 Prozent, wie die Wahlkommission in Kiew mitteilte. Die ebenfalls proeuropäische Partei Samopomoschtsch (Selbsthilfe) lag demnach bei 11,2 Prozent. Die neue liberale Kraft ist wie die Vaterlandspartei von Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko für eine Beteiligung an der Koalition im Gespräch. Die Vaterlandspartei erhielt rund 5,7 Prozent.
Kommen die Rechten rein?
Der Oppositionsblock kam laut Teilergebnissen auf knapp zehn Prozent der Stimmen. Die Radikale Partei des Populisten Oleg Ljaschko erhielt rund 7,3 Prozent. Unklar war zunächst, ob die rechte Partei Swoboda den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde geschafft hat. Die 423 Mandate werden zur Hälfte nach Listenwahl und zur Hälfte per Direktmandat vergeben. Die Wahlkommission hat bis zum 10. November Zeit, das amtliche Endergebnis bekanntzugeben.
Die Wahlbeteiligung lag bei rund 52,5 Prozent - und war damit klar niedriger als bei der Präsidentenwahl im Mai mit mehr als 60 Prozent. Die OSZE sprach von einer positiven Wahl und einem wichtigen Schritt zur Festigung internationaler Standards. " Die Wahlhelfer waren sehr sorgfältig. Alles wirkte sehr sauber. Insofern war der Eindruck ganz hervorragend", sagte die Wahlbeobachterin Marieluise Becke zu n-tv.de. Durch den blutigen Konflikt mit prorussischen Separatisten in der Ostukraine sei die Abstimmung aber in einem schwierigen Umfeld verlaufen.
Die Bundesregierung wertete den Sieg proeuropäischer Kräfte als wichtigen Schritt zur Stabilisierung des Landes. Der Präsident der EU-Kommission, José Manuel Barroso, nannte die Wahl einen "Sieg der Demokratie und der europäischen Reformagenda" Poroschenkos. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sagte, die neue Regierung müsse nun mit Reformen eine "ökonomische Wiedergeburt" der finanziell angeschlagenen Ex-Sowjetrepublik einleiten und eine friedliche Lösung des Konflikts in der Ostukraine herbeiführen.
Russland erkennt die Wahl an
Der Urnengang war auch die erste Parlamentswahl, nachdem Russland sich die Halbinsel Krim einverleibt hatte. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte, Moskau werde die Wahl anerkennen. "Es ist uns wichtig, dass endlich eine Regierung an die Macht kommt, die sich um die echten Probleme des Landes kümmert", sagte er.
Die prorussischen Separatisten in Donezk und Lugansk kritisierten die Abstimmung als "Farce". Sie warfen den Behörden in Kiew vor, eine "Atmosphäre der Verängstigung" geschaffen zu haben. In weiten Teilen der Region hatten die Aufständischen die Abstimmung nicht zugelassen. Sie wollen am Sonntag (2. November) gegen den Protest Kiews eigene Wahlen in ihren selbst ernannten "Volksrepubliken" abhalten. Die Lage in der Ostukraine, wo seit Anfang September eine Waffenruhe gilt, war nach dem Wahltag gespannt. Die Aufständischen berichteten von angeblichen Aktivitäten der Armee bei der Hafenstadt Mariupol. Dem Sicherheitsrat in Kiew zufolge starben zwei Soldaten im Konfliktgebiet bei einer Minenexplosion.
Quelle: ntv.de, vpe/dpa