Atomenergie, Hartz IV und Wehrpflicht Regierung zeigt Handlungsfähigkeit
24.09.2010, 22:02 Uhr
Merkel muss die Koalition aus dem Stimmungstief holen.
(Foto: REUTERS)
Monatelang sieht es nach Stillstand in der schwarz-gelben Koalition aus. Nun kommen die Entscheidungen Schlag auf Schlag. Nach der Atomenergie werden die Hartz-IV-Sätze und die Aussetzung der Wehrpflicht geklärt. Die Regierung will das Vertrauen wiedergewinnen und Debatten über eine demokratische Partei rechts von der Union beenden.
Die Bundesregierung will nach dem Energiekonzept nun mit Kursänderungen für die Bundeswehr und Hartz-IV-Empfänger neue Handlungsfähigkeit demonstrieren. "Andere mögen Problembeschreiber sein. Wir sind Problemlöser", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) in Berlin. Er forderte die schwarz-gelbe Koalition aber angesichts der schlechten Umfragewerte zu mehr Geschlossenheit auf. "Das muss sich ändern und das wird sich auch ändern. "Wir haben insgesamt eine gute Arbeit gemacht", zog Kauder ein Jahr nach dem Regierungswechsel Bilanz.
Die mehr als 6,5 Millionen Hartz-IV-Bezieher sollen mehr Geld bekommen - aber weniger als erwartet. Nach dpa-Informationen soll der Regelsatz von monatlich 359 Euro um deutlich weniger als 20 Euro angehobenen werden. Darauf verständigten sich die Ministerpräsidenten der Union mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Der Paritätische Wohlfahrtsverband hält eine Anhebung auf 420 Euro für erforderlich. Am Sonntag kommt der Koalitionsausschuss von Union und FDP in Berlin zusammen. Dabei solle es eine endgültige Verständigung über die Hartz-IV-Regelsätze geben. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, es gebe noch "keine Vorfestlegung".
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar eine transparentere Berechnung für die Grundsicherung von Arbeitssuchenden verlangt. Das Gesetz, das Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) dazu vorbereitet, muss allerdings auch vom Bundesrat gebilligt werden. Dort hat Schwarz-Gelb keine Mehrheit mehr.
Aussetzung der Wehrpflicht empfohlen
Die Parteispitzen von CDU und CSU empfahlen ihren Präsidien unterdessen die Aussetzung der Wehrpflicht. Es wird erwartet, dass diese Empfehlung der Parteichefs Merkel (CDU) und Horst Seehofer (CSU) bei der gemeinsamen Präsidiumssitzung am Sonntag und Montag breite Unterstützung findet. Zu den Plänen von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), die Bundeswehr von 250.000 Soldaten auf 163.000 zu verkleinern, soll es aber noch keine Festlegung geben.
In der Union wird eine solche Reduzierung als zu drastisch angesehen. Guttenberg hat bereits deutlich gemacht, dass er hier Spielraum sieht. In der Diskussion ist ein Truppenabbau auf 180.000 bis 195.000 Soldaten. Die Parteitage der CSU Ende Oktober und der CDU Mitte November werden über die Zukunft der Bundeswehr in Leitanträgen entscheiden. In beiden Parteien wird damit gerechnet, dass die meisten Delegierten die historische Aussetzung der Wehrpflicht für Männer mittragen und etwa 20 bis 30 Prozent dagegen stimmen werden.
Mehr Mitspracherechte gefordert
Sämtliche Vereinigungen innerhalb der CDU pochen auf eine Ausweitung ihrer Mitspracherechte. In einem gemeinsamen Antrag für den CDU-Parteitag sprechen sich die sieben CDU-Bundesvereinigungen für einen Beschluss aus, der den Bundesvorstand auffordert, eine Änderung des Parteistatuts zu prüfen. Es solle einen Delegiertenschlüssel für Bundesparteitage geben, der sicherstellen soll, "dass neben den Parteiverbänden künftig auch die Vereinigungen jeweils eine angemessene Anzahl von Delegierten entsenden".
Keine demokratische Partei rechts von der Union
Die CSU-Politikerin Dorothee Bär forderte angesichts der Debatte über die Gefahr einer neuen Partei am rechten Rand ein klares konservatives Profil der Union. "Ich sehe uns schon in der Verantwortung", sagte die stellvertretende CSU-Generalsekretärin. "Franz Josef Strauß hat richtig gesagt: Rechts von der Union darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben." Sie fügte hinzu: "Ich würde es aktuell nicht überbewerten, aber es ist eine Daueraufgabe." Sie verwies auf die SPD. Diese habe nicht verhindern können, dass sich links von ihr die Linke etablierte.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP