Politik

Lässt sich Edathy auf den Deal ein? Richter will ein Schuldeingeständnis hören

Beim Prozessauftakt im Landgericht in Verden.

Beim Prozessauftakt im Landgericht in Verden.

(Foto: REUTERS)

Der Kinderporno-Prozess gegen Sebastian Edathy könnte schon enden, bevor er richtig begonnen hat. Die Verteidigung sieht ein Verfahrenshindernis. Die Kammer will indes ein Geständnis hören, damit das Verfahren eingestellt werden kann.

Der Prozess gegen den früheren Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy wegen Besitzes von Kinderpornografie ist nach rund eineinhalb Stunden vertagt worden. Das Landgericht im niedersächsischen Verden wollte Edathys Verteidiger damit Zeit geben, mit seinem Mandanten über ein etwaiges Geständnis zu beraten. Dieses verlangt die Staatsanwaltschaft als Bedingung für eine mögliche Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage durch Edathy.

Ob der Beschuldigte darauf eingeht, ist fraglich. Er versucht jetzt vor allem, keine öffentliche Aussage machen zu müssen. Vielleicht will er auch vermeiden, dass die Beweismittel im Gericht gezeigt werden.

Zum Auftakt der Anhörung hatte Verteidiger Christian Noll eine Einstellung des Verfahrens gefordert. Grund sei ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens. Die Ermittlungen gegen den Celler Generalstaatsanwalt Frank Lüttig wegen des Verdachts des Geheimnisverrats seien ein Verfahrenshindernis. Lüttig soll interne Ermittlungsdetails auch zum Fall Edathy an Journalisten weitergegeben haben. Außerdem seien weitere Ermittlungsverfahren wegen Durchstechereien eingeleitet worden, argumentierte der Anwalt.

Die Staatsanwaltschaft wies den Antrag zurück. Es gebe im deutschen Recht keine Verfahrenseinstellung wegen Vorverurteilung. Ein faires Verfahren sei weiterhin gewährleistet, sagte Staatsanwalt Thomas Klinge. "Es interessiert uns nicht in diesem Verfahren, wer wann wem was gesagt hat." Es komme darauf an, ob Edathy die vorgeworfenen Taten nachgewiesen werden könnten.

Der Vorsitzende Richter Jürgen Seifert verfügte am Mittag zunächst die Fortsetzung des Verfahrens, damit die Schöffen über die Anklage informiert werden können.

Dutzende wussten Bescheid

Der Kreis der Eingeweihten in dem Fall ist offenbar noch größer als bislang angenommen. Insgesamt 57 Politiker, Ermittler und Amtsträger in Niedersachsen sollen demnach bereits vor den Durchsuchungen bei Edathy gewusst haben. Dem NDR-Fernsehen vorliegende Unterlagen geben auch Aufschluss über die Wege, auf denen sie informiert wurden, und dass sich Edathys Name auf einer Liste im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Kinderpornografie-Erwerbs befand oder dass gegen ihn ermittelt wurde.

Zudem hatte die Staatsanwaltschaft Göttingen Ende vergangener Woche ein Verfahren wegen der Weitergabe von Dienstgeheimnissen gegen Lüttich eingeleitet. Niedersachsens Grünen-Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz bestätigte ohne einen Namen zu nennen, dass deswegen noch eine zweite Person im Visier der Justiz ist. Es könne sich dabei aber nicht um Mandatsträger aus dem Landes- oder Bundestag handeln, da kein Antrag auf Aufhebung der parlamentarischen Immunität gestellt worden sei.

Potenzial für eine Staatsaffäre

Lüttig soll im Fall des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff Informationen durchgesteckt haben. Die Gründe dafür sollen nun in Göttingen ermittelt werden. Die Frage ist, hat es sich um Wichtigtuerei oder Kalkül gehandelt? Prozessbeobachter meinen, der Vorgang habe Potenzial für eine Staatsaffäre. Lüttig war derjenige, der für den Abschluss der Ermittlungen und die Anklageerhebung gegen Wulff verantwortlich war. Die Ermittlungen wurden mit großem Aufwand im In- und Ausland geführt.

"Auch im Fall Edathy war immer von Durchstechereien berichtet worden", argumentierte jetzt der Anwalt. Immer wieder hätten Journalisten unter Hinweis auf Ermittlerkreise berichtet. Edathy habe mehr als 100 Morddrohungen erhalten, sagte Anwalt Noll. Sein Freundes- und Bekanntenkreis habe sich aufgelöst. Eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft sei nicht absehbar. Die Brandmarkung werde sein Leben lang Bestand haben. "Auf ein Urteil kommt es gar nicht mehr an."

Die Staatsanwaltschaft Hannover wirft dem 45-jährigen Edathy vor, im November 2013 über das Internet kinderpornografische Videos und Bilder gekauft zu haben. Edathy hat dies bislang bestritten. Die Ermittler waren auf ihn aufmerksam geworden, weil sein Name auf der Kundenliste einer kanadischen Firma aufgetaucht war, die auch Kinder- und Jugendpornos vertrieben haben soll.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa

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