Politik

Rückzug aus der Lokalpolitik SPD-Chef tritt wegen Hassmails zurück

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(Foto: dpa)

Seit längerem muss der Bocholter SPD-Chef üble Beschimpfungen ertragen. Als sich die Hassmails auch gegen seine Partnerin und seine kleine Tochter richten, ist für Thomas Purwin eine Grenze überschritten.

Der Vorsitzende der SPD im münsterländischen Bocholt, Thomas Purwin, ist von seinem Amt wegen Hassmails gegen seine Lebensgefährtin und seine kleine Tochter zurückgetreten. Die Verfasser hätten "eine Grenze überschritten", das könne er als Familienvater "auf keinen Fall hinnehmen", teilte der 35-Jährige mit. Deshalb ziehe er sich "schweren Herzens aktuell aus der Bocholter Lokalpolitik" zurück.

Purwin leitet das Standesamt der Stadt. Er und andere Bocholter Kommunalpolitiker hatten in den vergangenen Monaten immer wieder Hassmails vor allem mit fremdenfeindlichem Charakter erhalten.

Er habe gelernt, mit den Mails gegen ihn umzugehen, schrieb der SPD-Politiker. Jetzt richteten sich die Hassmails aber "gegen meine Lebensgefährtin und insbesondere gegen meine Tochter, der man das Übelste wünscht". Purwin war seit dreieinhalb Jahren Chef des Ortsvereins.

Entsetzen und Wut

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft reagierte mit scharfen Worten auf die Hassmails. "Entsetzt, aber auch wütend bin ich, dass rechte Hetzer mit ihren Hassmails Menschen so zermürben und einschüchtern, dass sie ihre Arbeit für unsere kommunale Demokratie einstellen müssen", sagte sie der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". "Wir müssen uns mit aller Entschlossenheit und Konsequenz diesen Angriffen auf unsere Demokratie entgegenstellen, denn diese Hetze trifft uns alle." Sie habe aber Verständnis dafür, dass Purwin sich um seine Familie sorge.

In Berlin betonte auch SPD-Generalsekretärin Katarina Barley, die Partei respektiere Purwins Entscheidung, bedauere dennoch seinen Rückzug. "Die widerwärtigen Drohungen und Hassmails gegen seine Person und seine Familie sind schockierend", sagte Barley. Die Täter müssten gefunden und bestraft werden.

FDP-Chef Christian Lindner erklärte, es sei schrecklich, "dass wir so weit sind, dass Politiker, die für die Demokratie tätig sein wollen, sich nicht nur mit Herabwürdigung konfrontiert sehen, sondern sogar um ihr Leben fürchten müssen".

115 politisch motivierte Straftaten

Der Staatsschutz der Polizei Münster ermittelt in dem Fall. Ende Oktober war die Wohnung eines 46-Jährigen in Bocholt durchsucht worden. Der Mann bestritt allerdings, Hassmails verfasst zu haben. Nach der Befragung wurde er von der Polizei wieder entlassen.

Seit dem Anstieg der Flüchtlingszahlen ist nach Angaben des Düsseldorfer Innenministeriums eine zunehmend aggressive Stimmung gegen Amts- und Mandatsträger festzustellen. Von Januar bis Ende September 2016 seien allein gegen Politiker in NRW 115 politische motivierte Straftaten verübt worden. In den meisten Fällen seien die Anfeindungen aus dem rechtsextremistischen Spektrum gekommen. Zu Gewalttaten gegen Politiker kam es 2016 in NRW nicht.

Quelle: ntv.de, chr/dpa

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