Politik

"Kein gutes Management" SPD macht Druck auf von der Leyen

Seit ihrem Amtsantritt muss sich von der Leyen mit Materialproblemen auseinandersetzen.

Seit ihrem Amtsantritt muss sich von der Leyen mit Materialproblemen auseinandersetzen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Liegt es am fehlenden Geld oder am Missmanagement? Angesichts der Pannenserie bei der Bundeswehr kritisieren SPD-Politiker die Verteidigungsministerin. Von der Leyen weist die Vorwürfe zurück: Die Probleme hätten sich über Jahre aufgebaut.

Angesichts der Ausrüstungsmisere der Bundeswehr hat die SPD Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen kritisiert. "Offenkundig gibt es kein gutes Management bei Beschaffung und Instandsetzung", sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann dem "Spiegel". "Frau von der Leyen muss nun schnell handeln."

Zugleich stellte er klar, dass die SPD dabei eine von der Ministerin ins Spiel gebrachte Erhöhung des Wehretats ablehnt. "Der bestehende Etat muss ausgeschöpft werden. Die Verteidigungsministerin muss jetzt Managementqualitäten beweisen und die Bundeswehr mit den vorhandenen Mitteln fit machen", forderte Oppermann.

Auch der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold nahm von der Leyen in die Pflicht. "Bisher hat die Ministerin nichts entschieden. In den nächsten Wochen kommt für sie die Stunde der Wahrheit", sagte er der "Rheinischen Post". Der Bundestag wolle spätestens im Dezember über verschiedene Verteidigungsprojekte entscheiden. Er erwarte dazu schnelle Beschlussvorlagen aus dem Ministerium.

Von der Leyen wies jede Mitschuld an Ausrüstungsdefiziten zurück. Die Probleme hätten sich über Jahre aufgebaut, sagte die CDU-Politikerin im Deutschlandfunk. Wegen der vielen aktuellen Einsätze der deutschen Streitkräfte sei der "Unterbau" zu wenig beachtet und zu stark heruntergefahren worden. Hinzu komme, dass bestellte neue Rüstungsgüter zu spät kämen und zu teuer seien. "Probleme, die sich über Jahre aufgestaut haben, die lassen sich natürlich nicht auf einen Schlag lösen", sagte die Ministerin. Es gehe um eine "richtig große Baustelle, die wir zu bearbeiten haben".

"Sie hat das nicht herbeigeführt"

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages, Hans-Peter Bartels von der SPD, äußerte sich ähnlich. "Sie hat das nicht herbeigeführt", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Er wies darauf hin, dass die Probleme auf das Konto der letzten Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg von der CSU und Thomas de Maizière von der CDU gingen, die bei der Beschaffung von Ersatzteilen und neuer Waffensysteme gedrosselt hätten.

"Und sie hat das Thema Rüstung richtigerweise schon zu Beginn ihrer Amtszeit als zentral erkannt", sagte Bartels weiter. "Ich habe deshalb nicht den Eindruck, dass Frau von der Leyen das Problem nicht sieht. Sondern sie ist jetzt genau so alarmiert wie wir und hat die Chance, Verbesserungen in Auftrag zu geben", sagte der SPD-Politiker.

Auch Spitzenvertreter der CDU nahmen von der Leyen in Schutz. Die stellvertretende Vorsitzende Julia Klöckner sagte in Berlin, es sei zu einfach, einen einzelnen Schuldigen zu suchen. Stattdessen müsse das gesamte System optimiert werden. Klöckner kritisierte Defizite bei den Kontrollen sowie Lieferverzögerungen seitens der Industrie. Auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier wandte sich dagegen, alles auf von der Leyen abzuladen. Die Probleme seien über Jahre hinweg entstanden.

Der ehemalige Inspekteur des Heeres, Helmut Willmann, forderte in der "Berliner Zeitung" mehr Geld für die Bundeswehr. "Man geht davon aus, dass man etwa 30 Prozent des Verteidigungsetats für Investitionen braucht. Und wir sind nie über 20 Prozent hinaus gekommen", kritisierte er. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter meinte dagegen in den "Ruhr Nachrichten": "Es geht hier nicht um Geldmangel, sondern um Missmanagement."

Von der Leyen fordert mehr Geld

Die Materialprobleme der Truppe sind so groß, dass Deutschland zurzeit seine Bündniszusagen an die Nato nicht einhalten kann. In einem Krisenfall wäre die Bundeswehr nicht in der Lage, die zugesagten Flugzeuge und Hubschrauber bereitzustellen. Das räumte von der Leyen am Wochenende ein. In der "Bild am Sonntag" forderte sie zudem mehr Geld für die Bundeswehr. Sie versicherte aber, dass die Bundeswehr gleichwohl alle Verpflichtungen bei laufenden Einsätzen und der kurzfristigen Krisenreaktion der Nato erfüllen könne.

Vergangene Woche war bekanntgeworden, dass ein erheblicher Teil der Bundeswehr-Systeme momentan nicht einsatzfähig ist. Nach einer Mängelliste von Generalinspekteur Volker Wieker stehen dem Heer zurzeit nur 10 von 31 "Tiger"-Kampfhubschraubern zur Verfügung, von 33 NH90-Transporthubschraubern sind nur 8 einsatzbereit. Der sogenannte Buchbestand an "Eurofighter"-Kampfjets liegt bei 109, davon sind theoretisch 74 verfügbar, aber nur 42 einsatzbereit. Medienberichten zufolge gibt es auch Probleme bei gepanzerten Fahrzeugen des Typs Boxer und weiterem Gerät. Technikpannen hatten in den vergangenen Tagen auch den Flug von Bundeswehr-Ausbildern in die Kurdengebiete im Nordirak verzögert.

Am 6. Oktober legen mehr als 30 externe Berater des Konsortiums um die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG nach dreimonatiger Prüfung das Ergebnis ihrer Überprüfung von neun Rüstungsgroßprojekten vor. Darunter sind ein Nachfolgevorhaben zu dem gescheiterten Drohnenprojekt Eurohawk, der Eurofighter, die A400M sowie die Hubschrauber Tiger und NH90.

Quelle: ntv.de, mli/AFP/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen