"Eiskaltes Sparpaket" SPD will Röslers Reform kippen
23.09.2010, 07:37 UhrElf Monate nach ihrem Start hat Schwarz-Gelb eines ihrer wichtigsten Vorhaben hinter sich gebracht: Doch Rösler muss heftige Kritik einstecken. Im Falle eines Wahlsieges soll "von dieser Reform" nichts übrigbleiben, verspricht die SPD. Auch aus bayrischer Sicht sind die Reformpläne enttäuschend.

Geht es nach dem Willen von SPD und Grünen soll seine Reform schnell wieder verschwinden.
(Foto: dpa)
Die SPD will die Gesundheitsreform von Union und FDP im Falle eines Wahlsiegs nach der nächsten Bundestagswahl vollständig zurücknehmen. "Von dieser Reform wird nichts übrig bleiben, wenn wir wieder Verantwortung übernehmen", sagte der SPD- Gesundheitsexperte Karl Lauterbach der "Augsburger Allgemeinen". "Es ist ganz klar, dass wir diese Form der einseitigen Belastung der Arbeitnehmer komplett rückgängig machen werden."
Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung würden die Krankenversicherungskosten für Kassenmitglieder doppelt so schnell steigen wie bisher, kritisierte Lauterbach. "Die Folgen der Alterung der Gesellschaft und der technische Fortschritt in der Medizin sollen künftig allein aus den Nettoeinkünften der Arbeitnehmer bezahlt werden", fügte er hinzu. Er erwarte als Folge künftig wesentlich härtere Tarifkämpfe in Deutschland, weil die Gewerkschaften einen Ausgleich für die Übernahme der Gesundheitskosten verlangen würden.
SPD-Vizechefin Manuela Schwesig nannte die Gesundheitsreform ein "eiskaltes Sparpaket". Bei den Beschlüssen könne gar nicht von einer Gesundheitsreform die Rede sein, weil keine Verbesserungen auf den Weg gebracht würden. Schwesig warf dem FDP-Politiker vor, leere Versprechungen gemacht zu haben. So habe Rösler behauptet, er wolle das Gesundheitswesen unbürokratischer und gerechter gestalten. Stattdessen präsentiere Rösler nun ein Sparpaket zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger. "Sie werden nicht mehr Netto vom Brutto haben, sondern sie werden noch drauf zahlen", sagte Schwesig.
Verbraucherschützer sind enttäuscht
Die CSU bekräftigte ihre Kritik an Details der geplanten Gesundheitsreform. "Ich bin noch sehr skeptisch, ob dieses Modell, das jetzt so vorliegt, den Praxistest wirklich bestehen wird", sagte Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) im ZDF. Strittig seien unter anderem die Themen Zusatzbeiträge, Honorarverteilung und Ärzteversorgung. Auf die Frage, ob die Reform grundsätzlich noch scheitern könne, wenn bei den Zusatzbeiträgen keine Lösung gefunden werde, sagte Söder: "Das Ganze entscheidet sich an den Details."
Nach Ansicht von Verbraucherschützern lassen sich im Gesundheitsbereich "ohne weiteres" bis zu 15 Milliarden Euro einsparen, wenn die Bundesregierung "den Mut zu einer wirklichen Gesundheitsreform" aufbrächte. Gerd Billen, Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, kritisierte in der "Leipziger Volkszeitung" die am Mittwoch eingebrachte Reform von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP): "Die allermeisten der Kassenpatienten werden mehr bezahlen müssen. Bei sehr vielen Kassen wird es zu Zusatzbeiträgen kommen." Ein Teil dieser Kostensteigerungen hätte demnach vermieden werden können, "hätte sich die Regierung getraut, der Pharmaindustrie und den Apothekern mehr von dem abzuknöpfen, was sie an unserem Gesundheitssystem verdienen".
Quelle: ntv.de, dpa/AFP