35.000 gegen Stuttgart 21 SPD will Verfassung ändern
10.09.2010, 22:15 Uhr
Zehntausende gingen in Stuttgart wieder auf die Straße.
(Foto: dapd)
Um doch noch eine Abstimmung über das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 ermöglichen zu können, schlägt die baden-württembergische SPD nun eine Änderung der Landesverfassung vor. Die Grünen begrüßen den Vorstoß. Derweil demonstrieren in Stuttgart mindestens 35.000 Menschen gegen den Umbau des Hauptbahnhofs.
Der Straßenprotest gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 nimmt kein Ende: Zehntausende protestierten erneut gegen das Projekt. Sie bildeten eine Menschenkette zwischen den Parteizentralen der CDU und der SPD. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich an der Veranstaltung etwa 35.000 Menschen. Die Demonstration gegen den Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofes sei "friedlich" verlaufen, sagte eine Polizeisprecherin. In einem "Stuttgarter Appell" fordern bisher mehr als 54.000 Menschen einen Baustopp und eine Bürgerbefragung zu dem Milliardenvorhaben.
Mehrere Initiativen äußerten den Wunsch nach Gesprächen mit den Befürwortern. Dabei sollten auch Kosten- und Verkehrskalkulationen diskutiert werden, forderte der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Conradi. SPD-Landesparteichef Nils Schmid forderte eine Volksabstimmung. "Eine solche gesellschaftliche Konfliktsituation kann man nicht einfach nach dem Motto "Augen zu und durch" beruhigen."
SPD will Verfassung ändern
Das Grünen-Bundestagsmitglied Winfried Hermann begrüßte den SPD-Vorstoß für einen Volksentscheid. Dagegen wendet sich die FDP-Landesvorsitzende Birgit Homburger. Für sie ist der Umbau ein "zentrales Projekt für die Zukunftsfähigkeit Baden-Württembergs". SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel sprach sich in den "Stuttgarter Nachrichten" dafür aus, für einen Volksentscheid zu Stuttgart 21 die Landesverfassung zu ändern.

Mehr als 50.000 Menschen haben deshalb bereits den sogenannten Stuttgarter Appell unterzeichnet.
(Foto: dpa)
Ihren Wunsch nach einem Volksentscheid über das umstrittene Großprojekt hatte die SPD bereits am Mittwoch geäußert. Dazu müsste die Landesregierung ein Ausstiegsgesetz in den Landtag einbringen, welches von der Mehrheit im Parlament abgelehnt werden müsste, um den fiktiven Konflikt vom Volk lösen zu lassen. Verfassungsrechtlich gilt das Prozedere als strittig.
Milliarden-Kosten
Schmiedel schlägt nun einen "Stuttgart-21-Passus" in der Landesverfassung vor, der einen Volksentscheid zu dem umstrittenen Bahnprojekt zulässt. In der Bundesverfassung gebe es schließlich auch ganz spezielle Passagen, zum Beispiel zum Küstenschutz, erklärte der SPD-Politiker. Zur Änderung der Verfassung ist eine Zwei-Drittel- Mehrheit notwendig. Der SPD-Fraktionschef im Landtag zeigte sich zuversichtlich, dass ein Volksentscheid eine weitere Spaltung in Gegner und Befürworter von Stuttgart 21 verhindern würde.
Das Milliardenprojekt Stuttgart 21 sieht den Umbau des Stuttgarter Kopfbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation und deren Anbindung an die geplante ICE-Neubaustrecke nach Ulm vor. Die Bahn geht bisher davon aus, dass die Tieferlegung 4,1 Milliarden Euro kostet und die Neubaustrecke nach Ulm 2,9 Milliarden Euro. Kritiker rechnen mit deutlich höheren Kosten.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP