"Anker der Verlässlichkeit" Schäuble-Diskussion nervt Merkel
13.11.2010, 13:58 Uhr
(Foto: dpa)
Angeblich wird Bundesfinanzminister Schäuble intern bereits als "Minister auf Abruf" gehandelt. "Keiner gibt ihm länger als bis Weihnachten", wird im Kabinett gemunkelt. In Union und Koalition rumort es weiter, da hilft auch das von der Kanzlerin und CDU-Chefin vehement vorgebrachte Dementi einer Kabinettsumbildung nicht. Und das alles einen Tag vor dem CDU-Bundesparteitag.
Trotz des klaren Dementis von Bundeskanzlerin Angela Merkel wird der CDU-Bundesparteitag überschattet von den Rücktrittspekulationen um Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Nach Berichten von "Focus" und "Spiegel" wächst in der Union und in der schwarz-gelben Koalition der Unmut über Schäuble, auch weil ein klarer Kurs in der Steuerpolitik vermisst wird. Die CDU trifft sich von Sonntag bis Dienstag in Karlsruhe; neben Vorstandswahlen dürften auch Themen wie die Aussetzung der Wehrpflicht im Fokus stehen.
Laut "Focus" schließt Schäuble trotz aller anderslautenden Erklärungen einen Rückzug zum Jahreswechsel nicht aus. Er wolle aber zunächst um sein Amt kämpfen und könne auf die uneingeschränkte Unterstützung der Bundeskanzlerin Angela Merkel zählen. "Keiner gibt ihm länger als bis Weihnachten", sagte ein ungenannter Bundesminister dem Magazin. Auch in der Fraktionsspitze gelte der 68-Jährige nach den Worten eines Vorstandsmitglieds als "Minister auf Abruf".
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erklärte Schäuble für unverzichtbar im Kabinett. "Er ist ein unersetzlicher Anker für Verlässlichkeit und gutes Regierungshandeln", sagte sie der "Bild am Sonntag". "Er ist ein begnadeter Europäer und ein wichtiger Mentor, der jungen Kabinettskollegen mit klugem Rat weiterhilft."
Schäuble war wegen des rüden Umgangs mit seinem Sprecher in die Kritik geraten, der daraufhin zurücktrat. Nach "Focus"-Informationen haben sechs Ministerialbeamte Schäuble deswegen in einer Eingabe vorgeworfen, seine Fürsorgepflicht verletzt zu haben. Außerdem gibt seine Gesundheit Anlass zur Sorge. Mehrfach musste sich der Querschnittsgelähmte zuletzt für längere Zeit im Krankenhaus behandeln lassen.
Kanzlerin und Parteifreunde halten zu Schäuble
Die Bundesregierung ist stark bemüht, den Spekulationen ein Ende zu setzen. Kanzlerin und CDU-Chefin Merkel nannte Berichte über eine Kabinettsumbildung "Unfug". Von der Leyen, die sich in Karlsruhe neben Umweltminister Norbert Röttgen, Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier und Bildungsministerin Annette Schavan zu Merkels Stellvertreterin wählen lassen will, rief die CDU zur Geschlossenheit auf. Auf die Frage, ob der Finanzminister seinem Amt noch gewachsen sei, antwortete die Ministerin: "Aus vollem Herzen ja."
Auch andere einflussreiche Parteifreunde stärken Schäuble den Rücken. Die Frage nach einer Kabinettsumbildung sei hochspekulativ, sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. In der Parteiführung freuten sich alle, dass Schäuble auf dem CDU-Parteitag erneut für das Präsidium kandidieren wolle.
"Wolfgang Schäuble macht hervorragende Arbeit", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) der "Passauer Neuen Presse". Schließlich habe der Finanzminister den Sparkurs der schwarz-gelben Bundesregierung durchgesetzt. "Das soll ihm erst einmal jemand nachmachen", fügte Kauder hinzu.
Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) kritisierte die Diskussion über eine Ablösung Schäubles. "Ich habe keinerlei Verständnis für diese Debatte um seine Person, sie kommt zur Unzeit", sagte Tillich der "Berliner Morgenpost". Schäuble sei "ein wichtiger Stabilitätsanker dieser Bundesregierung" und "auch im historischen Vergleich mit seinen Vorgängern ein herausragender Finanzminister". Seine "fachliche Expertise" sei in der CDU "unbestritten", fügte Tillich hinzu, der auf dem Bundesparteitag für einen Sitz im Präsidium kandidiert.
Quelle: ntv.de, dpa